Posts Tagged ‘Auserwählung’

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Zusammenfassung

  1. Chrysostom irrte sich, wenn er sagt: „Gott zieht nur den, der da will“ – diese falsche Sicht wurde von vielen Gläubigen durch die Jahrhunderte geglaubt
  2. anstatt: der HERR  leitet, verändert und verwaltet unsere Herzen durch seinen Heiligen Geist und herrscht in ihnen als sein Besitz
  3. Gott erachtet nicht ohne Unterschied jeden seiner Gnade würdig (wie die Scholastiker glaubten)
    1. das Verständnis dabei ist, dass sobald Gott seine Gnade anbietet, ein jeder Mensch frei entscheiden kann, sie anzunehmen oder zu verwerfen
    2. richtig ist, im Sinne von Augustinus, dass die Erwählten durch den Heiligen Geist wiedergeboren und durch seine Führung geleitet werden

 

Text

Gott bewegt den Willen. Aber das geschieht nicht, wie Jahrhunderte lang ge­lehrt und geglaubt worden ist, so, daß es dann in unserer Entscheidung stünde, dieser Bewegung Gehorsam oder auch Widerstand zu leisten; sondern er bewegt ihn so kräftig, daß er folgen muß. Wenn also Chrysostomus immerzu wiederholt: „Gott zieht nur den, der da will“, so muß das abgelehnt werden. Denn er gibt damit zu verstehen, Gott strecke uns bloß die Hand entgegen und warte dann ab, ob es uns ge­falle, uns von ihm helfen zu lassen! Wir geben zu, daß wohl der noch nicht gefallene Mensch in der Lage war, das eine oder das andere zu wählen. Aber der hat doch gerade durch sein Beispiel gezeigt, wie jämmerlich es um den freien Willen bestellt ist, wenn Gott nicht in uns will und vermag, was sollte da aus uns werden, wenn Gott uns auf jene Weise seine Gnade zuwendete? Ja, wir verdunkeln und ver­kleinern sie durch unsere Undankbarkeit! Denn der Apostel lehrt ja nicht, die Gnade des guten Willens werde uns dargeboten, wenn wir sie annähmen, sondern: Er bringe in uns das Wollen hervor! Und das heißt doch nichts anderes, als daß der Herr durch seinen Geist unser Herz lenkt, leitet und regiert und in ihm als in sei­nem Besitztum sein Regiment führt. Auch lautet die Verheißung bei Ezechiel nicht bloß so: Gott werde seinen Auserwählten den neuen Geist dazu geben, daß sie in seinen Geboten wandeln könnten, sondern daß sie tatsächlich darin wandelten! (Ez. 11,19f.; 36,27). Und Jesu Wort: „Wer es höret von meinem Vater, der kommt zu mir“ (Joh. 6,45) kann doch auch nur so verstanden werden, daß er damit die durch sich selbst wirksame Gnade lehrt, wie auch Augustin behauptet (Von der Prädestination 3,13). Diese Gnade erzeigt der Herr nicht allen miteinander auf gleiche Weise, so wie der allgemein verbreitete Ausspruch des Occam — wenn ich mich recht erinnere — meint: sie werde keinem versagt, der tue, was er könne. Gewiß sollen die Menschen gelehrt werden, daß Gottes Güte allen dargeboten ist, die nach ihr verlangen — ohne Ausnahme. Aber es fängt ja doch nur der an, nach ihr zu verlangen, an dem die Gnade, die himmlische Gnade, wirksam geworden ist — und so kann auch dies Stück von ihrem Ruhm nicht abgebrochen werden! Das ist für­wahr der Vorzug der Erwählten, daß sie, durch Gottes Geist wiedergeboren, nun auch durch seine Führung geleitet und regiert werden. So hat auch Augustin recht, wenn er die verlacht, die sich irgendeinen Anteil am Wollen selber anmaßen, und auch, wenn er anderen widersteht, die da meinen, das, was doch das besondere Zeug­nis der gnädigen Erwählung ist, werde unterschiedslos allen zuteil. „Was uns allen gemeinsam ist, das ist die Natur, nicht aber die Gnade“, sagt er, und er nennt es einen nichtigen Schimmer, der nur durch seine Eitelkeit einen Schein gibt, wenn man allgemein auf alle ausdehnt, was Gott doch gibt, wem er will (Predigt 26,7). Oder er sagt auch: „Wie bist du hierhergekommen? — Im Glauben. — Dann sieh zu, daß du dir nicht einbildest, selbst den rechten Weg gefunden zu haben, und ihn da­durch wieder verlierst! Oder du sagst: ich bin aus freiem Willen gekommen, aus eigenem Willen bin ich da. — Was bläsest du dich auf? Willst du wissen, daß auch das dir verliehen ist? So höre das Wort des Herrn selber, der da sagt: Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, daß ihn mein Vater ziehe! (Joh 6,44)“ (Predigt 30). Daß Gott die Herzen der Frommen mit solcher Kraft lenkt, daß sie nun mit einer Neigung folgen, die sich nicht mehr hin und her bewegen läßt, das geht ohne Zweifel klar aus den Worten des Johannes hervor: „Wer aus Gott ge­boren ist, der kann nicht sündigen, denn sein Same bleibt in ihm“ (1. Joh. 3,9). Wenn uns also Gott ein Beharren schenkt, das wirksam und beständig ist, so ist damit die unentschiedene Regung („motus medius“), von der die Sophisten phan­tasieren, eine Regung also, der man folgen und auch widerstehen könnte, offenbar ausgeschlossen.

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Zusammenfassung

  1. Unsere Überzeugung, dass wir in der Heiligen Schrift die unumstössliche Wahrheit haben beruht auf dem Zeugnis des Hl. Geistes in unseren Herzen
  2. „Ich spreche von nichts anderem als jeder Gläubiger in seinem Inneren erfahren hat…“
  3. nur die Auserwählten Gottes haben dieses einzigartige Privileg, und sie, nicht die grosse Masse, bekamen die Fähigkeit, Gottes Mysterien zu begreifen.

Text

Dabei also soll es bleiben: wer innerlich vom Heiligen Geist gelehrt ist, der verharrt fest bei der Schrift, und diese trägt ihre Beglaubigung in sich selbst; daher ist es nicht angebracht, sie einer Beweisführung und Vernunftgründen zu unter­werfen. Die Gewißheit aber, die sie uns gewinnt, die erlangen wir durch das Zeugnis des Geistes. Gewiß verschafft sich die Schrift ganz von selbst durch ihre eigene Majestät Ehrfurcht, aber sie ergreift uns erst dann recht und ernstlich, wenn sie durch den Geist in unserem Herzen versiegelt ist. Daß die Schrift von Gott kommt, das glauben wir, weil die Kraft des Geistes uns erleuchtet, nicht aber auf Grund des eigenen Urteils oder desjenigen anderer Leute. Es ist ja gerade, als ob wir Gottes eigene Majestät hier erschauten; und deshalb ist unsere Gewißheit unerschütterlich fest, stärker, als sie uns menschliches Urteil verleihen könnte. So halten wir dafür, daß die Schrift zwar durch den Dienst von Menschen, aber tatsächlich doch aus Gottes eigenem Munde zu uns kommt. Nicht Beweisgründe, nicht Wahrscheinlich­keiten suchen wir, um unser Urteil darauf zu gründen, sondern wir unterwerfen unser Urteil und unser Denken dieser völlig aller Frage entzogenen Tatsache. Das geschieht freilich nicht so, wie einige es machen, die zuweilen eine unbekannte Sache mit Eifer annehmen, die ihnen dann doch bei näherer Kenntnis mißfällt, sondern es geschieht darum, weil wir voll und ganz überzeugt sind, es mit der unbestreitbaren Wahrheit zu tun zu haben! Das hat auch nichts mit der Art zu tun, wie elende Menschen dem Aberglauben ihren Geist gefangen geben, sondern wir kommen zu dieser Gewißheit, weil wir empfinden, daß hier die unbezweifelbare Gewalt gött­licher Majestät waltet und wirkt — und diese Kraft zieht und entzündet uns zum Gehorsam, mit Wissen und Willen, aber viel lebendiger und stärker, als alles menschliche Wollen und Wissen!

So ruft der Herr mit vollem Rechte durch Jesaja aus (43,10), die Propheten samt dem Volke seien seine Zeugen; denn sie waren ja durch Weissagungen belehrt und zweifelten nicht daran, daß Gott ohne Trug und Zweideutigkeit zu ihnen geredet habe. Das ist eine Überzeugung, die der Gründe nicht bedarf, das ist ein Wissen, das seinen Grund in sich selber trägt, ja, auf dem das Herz sicherer und beständiger ruht als auf irgendwelchen Gründen; das ist ein Empfinden, das nur aus himmlischer Offenbarung entstehen kann. Ich rede von dem, was jeder einzelne Gläubige bei sich selber erfährt — freilich reichen meine Worte bei weitem nicht hin, um die Sache recht zu beschreiben! Ich übergehe jetzt vieles, weil ich an anderer Stelle auf diese Dinge zurückkommen muß. Für jetzt wollen wir uns dies merken, daß nur der Glaube der rechte ist, den der Heilige Geist in unseren Herzen versiegelt. Der bescheidene Leser, der sich gern sagen läßt, wird sich mit einem Zeugnis als Be­gründung zufrieden geben: nämlich mit der Verheißung des Jesaja, alle Söhne der erneuerten Kirche würden von Gott gelehrt sein (Jes. 54,13). Da würdigt Gott seine Auserwählten allein eines einzigartigen Vorrechtes und unterscheidet sie da­mit von dem ganzen Menschengeschlecht. Denn womit soll die rechte Lehre bei uns ihren Anfang nehmen, als mit der bereitwilligen Freudigkeit, das Wort Gottes zu hören? Gott aber fordert Gehör durch den Mund des Mose, wie geschrieben steht: „Du sollst nicht sprechen in deinem Herzen: wer wird in den Himmel fahren … oder wer wird hinabsteigen in den Abgrund? . . Siehe, das Wort ist in deinem Munde …“ (5. Mose 30,12ff.; hier nur einige Stücke daraus, etwas ungenau angeführt!). Wenn Gott einen solchen Schatz der Weisheit allein für seine Kinder hat bereiten wollen, so ist es nicht verwunderlich oder widersinnig, wenn unter der Masse der Menschen soviel Unwissenheit und Stumpfheit sich zeigt. Unter „Masse“ verstehe ich hier auch die hervorragendsten Menschen, ehe sie in den Leib der Kirche eingefügt sind! Jesaja erklärt an einer Stelle, die prophetische Lehre werde nicht nur den Außenstehenden, sondern auch den Juden, die für Hausgenossen gelten wollten, unverständlich sein, und dann fügt er gleich den Grund dafür bei: „Denn nicht allen wird der Arm des Herrn offenbar“ (Jes. 53,1). Sooft uns die geringe Zahl der Gläubigen wankend machen will, sollen wir uns im Gegenteil vor Augen halten, daß niemand die Geheimnisse Gottes begreifen kann — als die, welchen es gegeben ist.

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