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Zusammenfassung

  1. dass einige Propheten sich eines eloquenten Schreibstiles bedienten, zeigt, dass dem Heilige Geist die Redegewandt nicht fehlt
  2. jedoch bei anderen Propheten, trotz des ungehobelten Stiles, zeigt sich die Majestät Gottes dennoch
  3. Satan bedient sich selbst diesem groben und archaischen Stil, um damit Seelen zu fangen, jedoch selbst mässig sensible Personen können diesen Schwindel entdecken
  4. jene, für welche die Propheten vollständig unverständlich erscheinen, haben keine Fähigkeit sie zu verstehen.

Text

Freilich findet sich bei einigen Propheten eine sehr feine und kunstreiche, ja geradezu glänzende Darstellung, so daß ihre Beredsamkeit derjenigen weltlicher Schriftsteller nichts nachgibt. Mit dergleichen Beispielen hat der Heilige Geist zeigen wollen, daß ihm auch die Beredsamkeit zu Gebote steht — wenn er sich sonst auch wohl einer kunstlosen und groben Redeweise bedient. Ob du nun David oder Jesaja oder ihresgleichen liesest, deren Rede sanft und lieblich dahergeht, oder den Hirten Amos oder Jeremia oder Sacharja, deren rauhere Rede bäurisch klingt — überall ist jene Majestät des Geistes offenbar, von der ich sprach. Ich weiß wohl, daß der Satan, der ja in vielen Dingen Gott nachahmt, um in solcher trügerischen Ähn­lichkeit (mit Gott) um so leichter in die Herzen der Einfältigen einzudringen, auch jene gottlosen Irrtümer, mit denen er arme Menschen täuschte, zuweilen listig in kunstloser und fast barbarischer Sprache ausgestreut, oft auch ungebräuchliche Aus­drucksformen verwendet hat, um unter solcher Maske seine Betrügereien zu ver­stecken. Aber wie eitel und abscheulich solches Streben ist, das spürt jeder einiger­maßen verständige Mensch. Mag nun der Vorwitz vieles an der Schrift annagen wollen — es steht jedenfalls fest, daß sie voll ist von Aussprüchen, die aus mensch­lichem Verstand nie entsprungen wären. Man sehe sich die einzelnen Propheten an: da ist nicht einer zu finden, der nicht weit über alle Menschenweisheit hinausragte, und deshalb muß den Leuten, welche ihre Lehre für fade halten, jeder Geschmack abgehen.

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Zusammenfassung

  1. Sobald wir die Echtheit der Bibel durch den Hl. Geist erkannt haben, so werden die Beweise, die wir früher als nutzlos erachteten, in ein neues Licht gerückt und sie werden zu nützlichen Hilfsmittel, um die Bibel besser zu verstehen
  2. es ist die Erhabenheit des Gegenstandes mehr als die Ausdruckskraft der Sprache welche uns zur Bewunderung der Schrift bewegt
    1. Gott in seiner Weisheit hat sich einer einfachen Sprache bedient, um uns zu erinnern, dass die Kraft der Schrift nicht in der Überzeugungskraft menschlicher Argumente, sondern in der himmlischen Herkunft ruht
    2. so sehr wie die Eleganz der klassischen Autoren der Antike, wie Demosthenes oder Cicero, Platon oder Aristoteles, schätzen mögen, so erscheinen sie doch matt im Vergleich mit der Erhabenheit der Hl. Schrift

Text

Wo nun diese Gewißheit nicht ist, die höher und stärker ist als jedes menschliche Urteil, da wird man vergebens die Autorität der Schrift mit Beweisgründen zu sichern, in der einhelligen Überzeugung der Kirche zu begründen oder mit allem anderen Schutz zu bewehren versuchen. Denn wenn dies Fundament nicht gelegt ist, dann bleibt sie stets wankend. Aber anderseits: wenn wir einmal die Schrift in ihrer Einzigartigkeit gegenüber anderen Büchern in Ehrfurcht und ihrer Würde entsprechend angenommen haben, dann werden Erwägungen, die nicht ausreichten, die Gewißheit um die Schrift in unserem Herzen einzupflanzen, sehr brauchbare, geeignete Stützen (zur Bestätigung) sein! Wie wunderbar kann es doch zur Be­kräftigung (der Schriftautorität) dienen, wenn wir in eifriger Nachforschung er­wägen, wie geordnet und kunstreich hier die göttliche Weisheit uns dargeboten wird, wie die Lehre stets ihren himmlischen Ursprung an sich trägt und nichts Irdisches verrät, wie sehr alle Teile untereinander übereinstimmen — und vieles andere mehr, das geeignet ist, der Schrift überragende Herrlichkeit zu sichern. Noch wirksamer aber kann unser Herz gefestigt werden, wenn wir bedenken, daß wir noch viel mehr durch die Würde der Sache als durch die Worte zur Bewunderung hingerissen werden. Denn auch das ist nicht ohne besondere Vorsehung Gottes geschehen, daß die höchsten Geheimnisse des Himmelreichs weithin unter verächtlicher Niedrigkeit der Worte überliefert werden — denn wären sie mit größerem Glanz der Bered­samkeit geziert, so würden die Gottlosen lästern, in dieser allein wohne ihre Kraft! Wenn aber jene ungezierte und fast grobe Einfalt größere Ehrerbietung sich ver­schafft als aller Wortreichtum der Redner, was geht daraus anders hervor, als daß die Schrift eine Gewalt der Wahrheit besitzt, welche zu mächtig ist, um des Schmuckes der Worte zu bedürfen? Nicht ohne Grund weist der Apostel darauf hin, daß der Glaube der Korinther nicht in menschlicher Weisheit, sondern in Gottes Kraft begründet war, da ja seine Verkündigung unter ihnen nicht in klugen Worten menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft geschehen war (1. Kor. 2,4). Die Wahrheit ist über jeden Zweifel erhaben, wenn sie nicht auf fremden Stützen ruht, sondern stark genug ist, sich in sich selber zu tragen. Wie sehr der Schrift diese Kraft eignet, das zeigt sich daran, daß von allen menschlichen Schriften, wie kunstreich sie auch gefertigt sind, uns keine so zu ergreifen vermag. Lies den Demosthenes oder den Cicero, lies Platon oder Aristoteles oder welche du auch aus der ganzen Schar lesen magst. Sie werden dich — das gestehe ich — wundersam anlocken, ergötzen, bewegen, hinreißen. Aber wenn du dann zur Heiligen Schrift kommst, so ergreift sie dich — ob du willst oder nicht — so lebendig, dringt dir so tief ins Herz, setzt sich so im Innersten fest, daß vor der Gewalt dieser Ein­drücke die Kraft jener Redner und Philosophen fast verschwindet. Man kann eben spüren, wie ein göttlicher Hauch die Schrift durchweht, wodurch sie alle menschliche Kunst, alle menschlichen Gaben weit übertrifft.

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Zusammenfassung

  1. Unsere Überzeugung, dass wir in der Heiligen Schrift die unumstössliche Wahrheit haben beruht auf dem Zeugnis des Hl. Geistes in unseren Herzen
  2. „Ich spreche von nichts anderem als jeder Gläubiger in seinem Inneren erfahren hat…“
  3. nur die Auserwählten Gottes haben dieses einzigartige Privileg, und sie, nicht die grosse Masse, bekamen die Fähigkeit, Gottes Mysterien zu begreifen.

Text

Dabei also soll es bleiben: wer innerlich vom Heiligen Geist gelehrt ist, der verharrt fest bei der Schrift, und diese trägt ihre Beglaubigung in sich selbst; daher ist es nicht angebracht, sie einer Beweisführung und Vernunftgründen zu unter­werfen. Die Gewißheit aber, die sie uns gewinnt, die erlangen wir durch das Zeugnis des Geistes. Gewiß verschafft sich die Schrift ganz von selbst durch ihre eigene Majestät Ehrfurcht, aber sie ergreift uns erst dann recht und ernstlich, wenn sie durch den Geist in unserem Herzen versiegelt ist. Daß die Schrift von Gott kommt, das glauben wir, weil die Kraft des Geistes uns erleuchtet, nicht aber auf Grund des eigenen Urteils oder desjenigen anderer Leute. Es ist ja gerade, als ob wir Gottes eigene Majestät hier erschauten; und deshalb ist unsere Gewißheit unerschütterlich fest, stärker, als sie uns menschliches Urteil verleihen könnte. So halten wir dafür, daß die Schrift zwar durch den Dienst von Menschen, aber tatsächlich doch aus Gottes eigenem Munde zu uns kommt. Nicht Beweisgründe, nicht Wahrscheinlich­keiten suchen wir, um unser Urteil darauf zu gründen, sondern wir unterwerfen unser Urteil und unser Denken dieser völlig aller Frage entzogenen Tatsache. Das geschieht freilich nicht so, wie einige es machen, die zuweilen eine unbekannte Sache mit Eifer annehmen, die ihnen dann doch bei näherer Kenntnis mißfällt, sondern es geschieht darum, weil wir voll und ganz überzeugt sind, es mit der unbestreitbaren Wahrheit zu tun zu haben! Das hat auch nichts mit der Art zu tun, wie elende Menschen dem Aberglauben ihren Geist gefangen geben, sondern wir kommen zu dieser Gewißheit, weil wir empfinden, daß hier die unbezweifelbare Gewalt gött­licher Majestät waltet und wirkt — und diese Kraft zieht und entzündet uns zum Gehorsam, mit Wissen und Willen, aber viel lebendiger und stärker, als alles menschliche Wollen und Wissen!

So ruft der Herr mit vollem Rechte durch Jesaja aus (43,10), die Propheten samt dem Volke seien seine Zeugen; denn sie waren ja durch Weissagungen belehrt und zweifelten nicht daran, daß Gott ohne Trug und Zweideutigkeit zu ihnen geredet habe. Das ist eine Überzeugung, die der Gründe nicht bedarf, das ist ein Wissen, das seinen Grund in sich selber trägt, ja, auf dem das Herz sicherer und beständiger ruht als auf irgendwelchen Gründen; das ist ein Empfinden, das nur aus himmlischer Offenbarung entstehen kann. Ich rede von dem, was jeder einzelne Gläubige bei sich selber erfährt — freilich reichen meine Worte bei weitem nicht hin, um die Sache recht zu beschreiben! Ich übergehe jetzt vieles, weil ich an anderer Stelle auf diese Dinge zurückkommen muß. Für jetzt wollen wir uns dies merken, daß nur der Glaube der rechte ist, den der Heilige Geist in unseren Herzen versiegelt. Der bescheidene Leser, der sich gern sagen läßt, wird sich mit einem Zeugnis als Be­gründung zufrieden geben: nämlich mit der Verheißung des Jesaja, alle Söhne der erneuerten Kirche würden von Gott gelehrt sein (Jes. 54,13). Da würdigt Gott seine Auserwählten allein eines einzigartigen Vorrechtes und unterscheidet sie da­mit von dem ganzen Menschengeschlecht. Denn womit soll die rechte Lehre bei uns ihren Anfang nehmen, als mit der bereitwilligen Freudigkeit, das Wort Gottes zu hören? Gott aber fordert Gehör durch den Mund des Mose, wie geschrieben steht: „Du sollst nicht sprechen in deinem Herzen: wer wird in den Himmel fahren … oder wer wird hinabsteigen in den Abgrund? . . Siehe, das Wort ist in deinem Munde …“ (5. Mose 30,12ff.; hier nur einige Stücke daraus, etwas ungenau angeführt!). Wenn Gott einen solchen Schatz der Weisheit allein für seine Kinder hat bereiten wollen, so ist es nicht verwunderlich oder widersinnig, wenn unter der Masse der Menschen soviel Unwissenheit und Stumpfheit sich zeigt. Unter „Masse“ verstehe ich hier auch die hervorragendsten Menschen, ehe sie in den Leib der Kirche eingefügt sind! Jesaja erklärt an einer Stelle, die prophetische Lehre werde nicht nur den Außenstehenden, sondern auch den Juden, die für Hausgenossen gelten wollten, unverständlich sein, und dann fügt er gleich den Grund dafür bei: „Denn nicht allen wird der Arm des Herrn offenbar“ (Jes. 53,1). Sooft uns die geringe Zahl der Gläubigen wankend machen will, sollen wir uns im Gegenteil vor Augen halten, daß niemand die Geheimnisse Gottes begreifen kann — als die, welchen es gegeben ist.

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Zusammenfassung

  1. wenn wir davon überzeugt sind, dass Gott selbst in der Hl. Schrift gesprochen hat, so haben wir den besten Beweis der Glaubwürdigkeit dieser heiligen Lehre
  2. diese Überzeugung kommt nicht von blossen menschlichen Überlegungen oder Vermutungen, sondern durch das Zeugnis des Heiligen Geistes
  3. nicht rationale Beweise, sonder die Majestät Gottes, die sich in der Schrift offenbart, lehrt uns den himmlischen Ursprung der Bibel
  4. die Bibel durch normale Argumentation beweisen zu wollen, wäre einen Schritt zurück zu machen, auch wenn Skeptiker von uns solche Beweise verlangen, denn das Zeugnis des Geistes ist erhabener als alle Vernunft
  5. die Schrift wird nie eine Aufnahme ins menschliche Herz finden, wenn nicht der Heilige Geist in den Herzen der Menschen wirkt, denn es war dieser Geist, der durch die Propheten redete.

Text

Wir wollen also festhalten, was ich oben ausführte: die Glaubwürdigkeit der Lehre kann nicht eher Bestand gewinnen, als bis wir ohne Zweifel überzeugt sind, daß ihr Urheber Gott ist. Deshalb wird durchweg die höchste Beglaubigung der Schrift darin gesehen, daß hier Gott in Person redet. Die Propheten und Apostel führen nicht ihren Scharfsinn für sich an oder was sonst den Rednern Glauben verschaffen mag, sie bestehen auch nicht auf Vernunftgründen, sondern sie nennen Gottes heiligen Namen, durch den die ganze Welt zum Gehorsam genötigt wird. Jetzt wollen wir zusehen, wie es nicht bloß mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, sondern mit lauterer Wahrheit offenbar ist, daß ihre Berufung auf Gottes Namen weder Leichtsinn noch Trug war. Wollen wir nun dem Gewissen aufs beste raten, um es davor zu bewahren, in stetem Zweifel zu schwanken oder zu wanken oder bei den geringsten Anstößen hängenzubleiben, so muß solche Festigkeit der Über­zeugung an höherer Stelle begründet sein als in menschlichen Vernunftgründen, Urteilen oder Mutmaßungen, nämlich im geheimen Zeugnis des Heiligen Geistes. Es ist freilich wahr: wollte man sich mit der Beweisführung abgeben, so ließe sich gewiß vieles anführen, das leicht davon überzeugen könnte, daß das Gesetz, die Propheten und das Evangelium von Gott ausgegangen sind — wenn überhaupt ein Gott im Himmel ist. Mögen die gelehrtesten und urteilsfähigsten Männer da­gegen auftreten und all ihren Scharfsinn in diesem Streite aufbieten und entwickeln — sie müssen dennoch, wenn sie sich nicht bis zum verderblichsten Eigensinn verstocken, notgedrungen zu dem Eingeständnis kommen: es sind in der Schrift hand­greifliche Zeichen zu sehen, daß da Gott redet, und daraus ist deutlich, daß ihre Lehre vom Himmel ist. Wir werden auch bald sehen, daß alle Bücher der Heiligen Schrift bei weitem höher stehen als alle anderen Bücher. Ja, wenn wir reine Augen und lautere Sinne mitbringen, so wird uns Gottes Majestät alsbald entgegentreten, sie wird uns allen verwegenen Widerstand unmöglich machen und uns Gehorsam abnötigen.

Dennoch ist es Torheit, wenn man meint, der Schrift auf dem Wege des Disputierens ihre Glaubwürdigkeit sichern zu können. Wenn ich auch für meine Person nicht über eine besondere Gewandtheit und Beredsamkeit verfüge, so würde ich mich wohl anheischig machen, selbst im Kampfe mit den verschlagensten Gottes­verächtern, die all ihren Fleiß und Witz aufböten, um das Ansehen der Schrift wankend zu machen, ihr widerspenstiges Geschrei unschwer zum Schweigen zu bringen. Und wenn es der Mühe verlohnte, ihre Witzeleien zu widerlegen, so würde ich ohne große Anstrengung ihr Geprahle, das sie in ihren Winkeln treiben, zunichte­machen. Aber wenn einer auch das heilige Wort Gottes gegen die Schmähungen der Menschen verteidigt, so wird er dadurch keineswegs bereits die Gewißheit in den Herzen einpflanzen, welche die Frömmigkeit erfordert. Weil die gottlosen Menschen meinen, die Religion bestehe auf Menschengedanken, so wünschen und verlangen sie, um den Schein törichter Leichtgläubigkeit zu meiden, vernünftige Beweise dafür, daß Mose und die Propheten in Gottes Auftrag geredet haben. Ich aber entgegne: das Zeugnis des Heiligen Geistes ist besser als alle Beweise. Denn wie Gott selbst in seinem Wort der einzige vollgültige Zeuge von sich selber ist, so wird auch dies Wort nicht eher im Menschenherzen Glauben finden, als bis es vom inneren Zeugnis des Heiligen Geistes versiegelt worden ist. Denn derselbe Geist, der durch den Mund der Propheten gesprochen hat, der muß in unser Herz dringen, um uns die Gewißheit zu schenken, daß sie treulich verkündet haben, was ihnen von Gott aufgetragen war. Diese wechselseitige Verbindung drückt Jesaja sehr gut folgendermaßen aus: „Mein Geist, der in dir ist, und die Worte, die ich dir in deinen Mund gelegt habe, sollen von deinem Munde nicht weichen, noch von dem Munde deines Samens…. von nun an bis in Ewigkeit“ (Jes. 59,21; Calvin übersetzt etwas anders). Es bekümmert auch manche Fromme, daß keine klare Beweisführung zur Hand ist, wenn die Gott­losen ungestraft gegen Gottes Wort murren. Aber eben deshalb wird doch der Geist Siegel und Unterpfand zur Befestigung des Glaubens genannt, weil das Herz von allerlei Zweifel umgetrieben wird, solange er es nicht erleuchtet hat!

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  1. Die Aussage von Augustinus , dass er nicht an das Evangelium glauben könnte, wenn er nicht durch die Autorität der Kirche dazu bewegt gewesen wäre, muss im seinem Kontext verstanden werden
    1. er widerlegt hier die Manichäer, die das Wort „Evangelium“ missbrauchten, um damit die Lehren Mani’s zu verbreiten
    2. was bringt Ungläubige dazu, an das Evangelium zu glauben? Die Kirche durch ihre Autorität macht Ungläubige mit dem Evangelium bekannt, doch die Gewissheit des Evangeliums hängt nicht von der Kirche ab
  2. anders gesagt: die Autorität der Kirche dient als eine Einführung durch die wir zum Glauben an Christus vorbereitet werden. Dies ist die Auslegung von Augustinus  Aussage, die man in seinen anderen Schrift finden kann.

Text

Ich weiß wohl, daß man hier nun allgemein einen Ausspruch Augustins anführt, der gesagt hat, er würde dem Evangelium nicht Glauben schenken, wenn ihn die Autorität der Kirche nicht dazu bewegte. (Gegen den Grundbrief der Manichäer, Kap. 5). Es ist aber aus dem Zusammenhang sehr leicht zu erweisen, wie verkehrt und trügerisch man diese Stelle auslegt, wenn man ihr die oben ausgeführte Meinung unterschiebt. Augustin hatte es mit den Manichäern zu tun, welche wider­spruchslosen Glauben für sich verlangten, weil sie behaupteten, die Wahrheit zu besitzen. Einen Beweis dafür blieben sie jedoch schuldig. Um ihrem Manichäus (Mani) die Glaubwürdigkeit zu sichern, beriefen sie sich auf das Evangelium. Und deshalb fragt sie nun Augustin, was sie denn machen wollten, wenn ihnen einmal jemand begegnete, der nicht einmal an das Evangelium glaube, auf welche Art sie denn den zu ihrer Anschauung führen wollten! Und dann fährt er fort: „Ich meiner­seits würde dem Evangelium gar nicht glauben, wenn …“. Damit will er sagen: als ich vom Glauben noch nichts wußte, konnte ich nur dadurch zur Anerkennung und Annahme des Evangeliums als gewisser Wahrheit Gottes kommen, daß ich von der Autorität der Kirche überwunden wurde! Was ist auch daran Verwunder­liches, daß jemand, der Christus noch gar nicht kennt, auf Menschen achtet? Deshalb lehrt Augustin hier nicht, der Glaube der Frommen sei auf die Autorität der Kirche gegründet, er will auch nicht sagen, die Gewißheit des Evangeliums hänge davon ab. Er behauptet bloß, daß die Ungläubigen nicht zur Gewißheit des Evan­geliums kommen und dadurch für Christus gewonnen würden, wenn sie nicht die einhellige Überzeugung der Kirche in diese Richtung wiese. Das bestätigt er kurz darauf, wenn er sagt: „Wenn ich lobe, was ich glaube, und verlache, was du glaubst, was ist dann über uns zu sagen, was sollen wir dann tun? Bleibt uns etwas anderes, als die zu verlassen, die uns zuerst einladen, Gewisses zu erkennen — und dann doch gebieten, Ungewisses zu glauben? Müssen wir uns nicht statt dessen denen zuwenden, die uns zuerst einladen, zu glauben, was wir noch nicht zu schauen ver­mögen, damit wir, durch den Glauben selbst kräftiger geworden, dann auch ge­würdigt werden, zu erkennen, was wir glauben, da wir es ja nun nicht mehr mit Menschen zu tun haben, sondern Gott selbst unsern Geist innerlich festigt und erleuchtet?“ (Im gleichen Buche, Kap. 14). Das sind tatsächlich Augustins Worte; daraus kann sich nun jeder das Urteil bilden, daß der heilige Mann nicht die Absicht gehabt hat, unseren Glauben gegenüber der Schrift von der Meinung und dem Gutdünken der Kirche abhängig zu machen. Er wollte bloß zeigen, was auch wir als wahr anerkennen, nämlich daß die, welche vom Geiste Gottes noch nicht erleuchtet sind, von der Achtung vor der Kirche zum Aufmerken bewogen werden, um den Glauben an Christus aus dem Evangelium zu lernen. Die Autorität der Kirche ist insofern eine Einführung, durch die wir zum Glauben an das Evangelium vor­bereitet werden. Denn die (eigentliche) Gewißheit der Frommen will, wie wir sahen, auf einem ganz anderen Fundament ruhen. Ich leugne übrigens nicht, daß Augustin häufig den Manichaern mit dem einhelligen Zeugnis der Kirche zusetzt. Das tut er dann, wenn er die Heilige Schrift, welche sie verwarfen, ihnen gegenüber ver­teidigen will. Daher schilt er den Faustus, daß er sich der Wahrheit des Evan­geliums (veritas evangelica) nicht unterwirft, die doch so gegründet, so gefestigt, mit soviel Herrlichkeit gekrönt sei und sich seit der Zeit der Apostel in fester Folge fortpflanze. Aber nirgendwo gibt er seinen Worten den Sinn, als ob die Autorität, die wir der Schrift beimessen, von menschlicher Lehrsatzung oder Bestimmung ab­hinge. Er führt nur, was in dieser Sache viel bedeutete, das einhellige Urteil der Kirche an, mit welchem er den Gegnern überlegen war. Sucht jemand hierfür einen weiteren Beweis, so möge er sein Buch „Vom Nutzen des Glaubens“ lesen. Dort wird er finden, daß er solcher Unterweisung durch Menschen nicht etwa die Mög­lichkeit zuschreibt, den Glauben zu erleichtern, sondern in ihr bloß einen Zugang sieht, der uns bereitet ist, oder einen willkommenen Anfang der Nachforschung, wie er sich selber ausdrückt. Nicht aber darf man es nach ihm bei der bloßen Annahme bewenden lassen, sondern man muß sich auf gewisse und zuverlässige Wahrheit stützen.

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