Die Geschichte vom Sünderfall zeigt uns, was Sünde ist (1. Mos 3): Untreue (Institutio 2-01-04)
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Zusammenfassung:
- Welche Natur hatte die Sünde in Adams Verfehlung, die Gottes Zorn gegen die gesamte Menschheit entfachte?
- Es ist kindisch zu glauben, dass nur die Verlangen nach neuer Speise der Grund war, denn Adam hatte alles, was sein Herz begehrte
- Die Erlaubnis, die Frucht des Baumes des Lebens zu geniessen und das Verbot, vom der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen, war die Prüfung von Adams Treue
- Daher war, wie Augustinus bemerkt, der Stolz die Wurzel allen Übels
- Welcher Natur hatte Adams Versuchung?
- Ungehorsam war der Anfang vom Sündenfall (vgl. Röm 5:19), gefördert durch
- Schmeicheleien des Teufels
- Des Menschen eigene Verachtung der Wahrheit: Geringschätzung gegenüber dem Gottes Wort
- Treulosigkeit ist die Wurzel des Falles
- Dies führte zu Begierde, Stolz und Undankbarkeit (für Gottes grossem Überfluss): kurz Abfall von Gott
- Begierde führte zu hartnäckigem Ungehorsam – der Mensch verwarf die Furcht Gottes und folgte nur seinen Gelüsten –
- Kurz: Adam hätte es nie gewagt, Gottes Autorität zu widerstreben, ohne dass er Gottes Wort zu hinterfragen anfängt
Text:
Es ist nun aber notwendigerweise nicht etwa ein leichtes Vergehen, sondern ein abscheuliches Laster, das Gott so streng gestraft hat; und so müssen wir das eigentliche Wesen der Sünde, (wie es) im Falle Adams (hervorgetreten ist), untersuchen, das ja Gottes schreckliche Vergeltung über das ganze Menschengeschlecht herabgezogen hat. Kindisch ist die allgemeine Auffassung, es handle sich (bei dem Sündenfall) um Lüsternheit des Gaumens. Als ob der Hauptinhalt aller Tugend nur in der Enthaltsamkeit gegenüber der einen Frucht bestanden hätte! Und dabei strömte doch von allen Seiten in reicher Fülle alles, was ein Mensch an Freuden ersehnen kann, und bei jener seligen Fruchtbarkeit der Erde war genug Fülle und Mannigfaltigkeit da, um ein rechtes Wohlleben zu bereiten! Wir müssen den Blick höher richten. Denn das Verbot, von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu nehmen, war ja eine Prüfung im Gehorsam: Adam sollte durch seine Folgsamkeit beweisen, daß er gern Gottes Befehl sich unterwarf! Der Name (des Baums) selber zeigt doch, daß das Gebot keinen anderen Zweck hatte, als daß der Mensch, mit seiner Lage zufrieden, sich nicht von gottloser Begehrlichkeit zu Höherem emporreißen ließ. Und die Verheißung, die ihn auf das ewige Leben hoffen ließ, solange er vom Baume des Lebens aß, die furchtbare Androhung des Todes wiederum, sobald er etwa von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen äße — beides hatte den Zweck, seinen Glauben zu prüfen. Hieraus ist leicht ersichtlich, auf welcherlei Weise Adam Gottes Zorn über sich heraufbeschworen hat. Nicht übel erklärt das Augustin, wenn er sagt, der Hochmut sei der Ursprung alles Bösen; denn wäre der Mensch nicht in seiner Anmaßung höher gestiegen, als ihm verstattet und als es von Gott aus recht war, so hätte er in seiner (hohen) Stellung bleiben können.
Aber aus der Beschreibung der Versuchung, wie sie Mose gibt, läßt sich noch eine genauere Deutung finden. Denn da wird die Frau durch die List der Schlange im Unglauben vom Worte Gottes abgebracht — und da sehen wir schon: der Anfang des Untergangs ist der Ungehorsam. Das bestätigt auch Paulus, wenn er sagt, durch eines Menschen Ungehorsam seien alle verlorengegangen (Röm. 5,19). Zugleich aber müssen wir bemerken, daß der erste Mensch vom Gebot Gottes abgewichen ist, und das geschah nicht nur, weil er von den Lockungen des Satans umstrickt wurde, sondern auch, weil er unter Verachtung der Wahrheit sich zur Lüge wandte. Und wahrlich: wird einmal Gottes Wort verachtet, so geht jede Ehrfurcht vor Gott verloren. Denn seine Majestät hat unter uns keinen Bestand, seine Verehrung kann nicht rein bleiben — wenn wir nicht an seinem Munde hängen. Deshalb war der Unglaube die Wurzel des Abfalls. Aus ihm entstand die Anmaßung und der Hochmut, zu denen dann auch die Undankbarkeit kam, weil ja Adam, indem er mehr haben wollte, als ihm zustand, die große Freigebigkeit Gottes, die ihm zuteil geworden war, schnöde verachtete. Daran aber zeigte sich die furchtbare Gottlosigkeit, daß es dem Erdensohne zu wenig erschien, zum Bilde Gottes gemacht zu sein — sofern nicht die Gleichheit (mit Gott) hinzukäme! Ein abscheulicher Frevel ist der Abfall, mit dem sich der Mensch dem Gebot seines Schöpfers entzieht, ja aufbegehrend sein Joch abschüttelt. Deshalb ist es vergebliche Mühe, die Sünde des Adam zu mildern. Und dabei handelt es sich nicht einmal um bloßen Abfall, sondern es kommen gemeine Vorwürfe gegen Gott hinzu: die Menschen unterschreiben ja die Schmähungen des Satans, der Gott Lüge, Neid und Mißgunst unterschiebt! Und endlich tut der Unglaube auch der Anmaßung Tor und Tür auf, und die Anmaßung war die Mutter der Widerspenstigkeit, so daß die Menschen alle Furcht Gottes von sich warfen und sich ganz von ihrem Gelüste leiten ließen. Deshalb ist es recht, wenn Bernhard lehrt, die Tür des Heils tue sich uns auf, wenn wir heute mit unseren Ohren das Evangelium hören, wie ja auch zu dieser Öffnung (dem Ohre), als sie sich dem Satan aufgetan habe, der Tod hineingekommen sei. Denn Adam hätte ja nie gewagt, dem Gebot Gottes ungehorsam zu sein, wenn er nicht seinem Wort gegenüber ungläubig gewesen wäre. Der beste Zügel, alle Begierden recht im Zaum zu halten, war ja doch die Überzeugung, es sei nichts besser, als Gottes Gebot zu gehorchen und so die Gerechtigkeit zu tun, und das höchste Ziel eines seligen Lebens sei, von Gott geliebt zu werden. Als aber der Mensch von den Schmähungen des Teufels hingerissen war, da machte er nach Kräften allen Ruhm Gottes zunichte.
Themen: Erbsünde, Selbsterkenntnis