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Zusammenfassung

  1. die Trägheit und Begrenztheit des menschlichen Verstandes erkennt nur zufällige Ereignisse, was eigentlich durch Gottes Plan erfolt
  2. in diesem Sinne werden die Begriffe „Schicksal“ und „Zufall“ in der Heiligen Schrift gebraucht, um damit alle Ereignisse zu beschreiben, die zufällig scheinen, die wir aber durch den Glauben als gottgewollt erkennen. (Gottes Freiheit über Dinge zu entscheiden kann man z.B. sehen, als er Christi schwache Knochen nicht brechen liess)

Text

Aber unser Geist erreicht in seiner Schwerfälligkeit die Höhe der Vorsehung Gottes nicht von ferne; und deshalb muß zu seiner Unterstützung eine Unterscheidung angewandt werden. Ich will mich also folgendermaßen ausdrücken: Obgleich alles durch Gottes Ratschluss in fest bestimmter Regelung geordnet ist, ist es doch für uns „zufällig“. Das bedeutet nicht, daß wir meinten, Welt und Menschen ständen unter der Herrschaft des Glücks und es rolle alles im Himmel und auf Erden zufällig ab – denn ein solcher Wahnwitz muß dem Herzen eines Christenmenschen fernbleiben! Aber weil die Ordnung, die Ursache, der Zweck und die Notwendigkeit der Ereignisse von der menschlichen Erkenntnis nicht begriffen werden, da sie größten­teils in Gottes Ratschluss verborgen sind, so ist das, was tatsächlich ganz gewiss aus Gottes Willen kommt, für uns gewissermaßen zufällig! Es ergibt sich kein anderes Bild, ob wir das alles hinsichtlich seiner eigenen Natur ansehen oder auch nach un­serem Verstehen und Urteilen betrachten. Stellen wir uns zum Beispiel einen Kauf­mann vor, der in Begleitung zuverlässiger Leute in einen Wald zieht, unvorsichtig von seinen Gefährten abkommt, auf seinem Irrwege in die Gewalt einer Räuberbande gerät und ermordet wird. Sein Tod war von Gottes Auge zuvor gesehen und auch durch seinen Ratschluss bestimmt. Denn es heißt nicht (nur), daß er eines jeden Menschen Lebenslänge vorher gesehen, sondern daß er Grenzen gesetzt und festgelegt habe, über die man nicht hinausgehen kann (Hiob 14,5). So­weit aber unser Verstand reicht, scheint das alles zufällig. Was soll da der Christenmensch denken? Er wird gewiss das, was einen solchen Todesfall veranlaßte, seiner Natur nach, wie es das ja tatsächlich ist, als zufällig erkennen, aber er wird dennoch nicht zweifeln, daß Gottes Vorsehung dabei die Führung gehabt hat, um den „Zufall“ zu ihrem Zweck zu leiten! Genau so sind auch die Zufälligkeiten der Zukunft anzusehen. Denn alles Zukünftige ist uns ungewiss, und darum lassen wir es unbestimmt, als ob es sich zu beiden Seiten neigen könnte. Aber trotzdem haben wir die feste Gewissheit im Herzen, daß nichts eintreten kann, das nicht der Herr schon vorgesehen hat!

In diesem Sinne braucht auch der Prediger mehrmals das Wort „Ausgang“ (Ende?); denn die Menschen können auf den ersten Blick nicht auf die letzte Ursache dringen, weil diese fern und verborgen ist. Und doch ist das, was die Schrift über Gottes verborgene Vorsehung lehrt, niemals derart aus den Herzen der Menschen vertilgt worden, daß nicht mitten im Dunkel immer noch einige Fünklein geblieben wären. So schreiben die Wahrsager der Philister, obwohl sie im Zweifel hin und her schwanken, das Unglück teils Gott, teils dem Glück zu: „Wenn die Lade auf dem ei­nen Wege geht, so wissen wir, daß es Gott ist, der uns das Übel getan hat, geht sie auf dem anderen, so ist es uns von ungefähr widerfahren“ (1. Sam. 6,9). Es ist gewiss töricht, daß sie, da ihnen die Weissagung fehlt, zum Zufall ihre Zuflucht nehmen; indessen merken wir doch, wie sie gezwungenermaßen nicht wagen, das ihnen widerfahrene Unglück für ganz zufällig zu halten. Übrigens können wir noch an ei­nem ganz klaren Beispiel sehen, wie Gott mit dem Zügel seiner Vorsehung alle Er­eignisse in der von ihm gewollten Weise lenkt: In dem nämlichen Zeitpunkt, wo David in der Wüste Maon überfallen wurde, brachen die Philister ins Land ein, und Saul mußte weichen! (1. Sam. 23,26f.). Da wollte Gott, um seinen Knecht zu erretten, dem Saul dieses Hindernis in den Weg legen – und so gewiss auch die Philister über alles Erwarten schnell zu den Waffen griffen, so können wir doch nicht sagen, das sei zufällig geschehen, sondern der Glaube wird anerkennen, daß das, was uns zufällig erscheint, tatsächlich Gottes geheimer Antrieb gewesen ist! Dieser Grundsatz tritt nicht immer so klar hervor; aber wir müssen doch festhalten, daß alle Veränderungen in der Welt als verborgene Wirkungen seiner Hand anzusehen sind. Was nun Gott beschlossen hat, das muß notwendig geschehen, auch wenn es an sich, aus seiner eigenen Natur heraus nicht notwendig ist. Ein bekanntes Beispiel haben wir an den Gebeinen Christi. Da er einen dem unseren gleichen Leib annahm, so wird kein vernünftiger Mensch bezweifeln, daß seine Gebeine zerbrechlich waren – und doch war es unmöglich, sie zu zerbrechen! (Joh. 19,33-36) Daraus können wir sehen, daß es nicht grundlos war, wenn man in der Schultheologie einen Unterschied zwischen bedingter (necessitas secundum quid) und absoluter Notwendigkeit (necessitas absoluta) gemacht oder dementsprechend zwischen solchen Geschehnissen, die sich bedingt notwendig (d.h. durch „Mittelursachen“ mitbestimmt) ergeben (necessitas consequentis), und solchen, die sich mit einer (auf Gottes Anordnung und Willen beruhenden) unbedingten Notwendigkeit (necessitas consequentiae) ereig­nen, unterschieden hat. Denn Gott wollte nicht, daß die Gebeine seines Sohnes wirk­lich zerbrochen wurden, hat sie aber doch (vermöge der Menschwerdung) der Zer­brechlichkeit unterworfen; so hat er also etwas, das von Natur geschehen konnte, unter die Notwendigkeit seines Ratschlusses beschränkt!

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This entry was posted on Sonntag, Januar 31st, 2010 at 01:00 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 16, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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