Play

Zusammenfassung

  1. Der Heilige Geist erklärt alle Menschen, die die wahre Religion durch eine eigens erfundene Gottesdienst ersetzen,  für gottlose Menschen, die Dämonen an Gottes Stelle setzten
  2. selbst die überlieferte Meinung, dass die religiöse Verehrung Gottes sich den Sitten und Gebräuchen eines gegeben Landes oder Stadt anpassen sollte, ist ein schwaches Argument, wenn es um die wahre Gottesverehrung geht
  3. daher bliebt es an Gott selbst,  sich vom Himmel her zu offenbaren

Text

Hierbei müssen wir nun auch festhalten, daß alle die, welche die reine Gottesver­ehrung (religio) verfälschen — und das widerfährt notwendig allen, die ihrer eige­nen Meinung folgen! — von Gott abfallen. Sie werden einwerfen, ganz etwas an­deres zu wollen. Aber was sie beabsichtigen und was sie im Sinn haben, das tut nicht viel zur Sache; denn der Heilige Geist erklärt alle für Abtrünnige, die in der Verfinsterung ihres Herzens Götzen (Dämonen) an Gottes Stelle setzen. Deshalb er­klärt Paulus, die Epheser seien ohne Gott gewesen, bis sie aus dem Evangelium gelernt hätten, was es hieße, den wahren Gott zu verehren (Eph. 2,12). Dies kann man aber nicht auf ein einziges Volk beschränken; denn an anderer Stelle spricht der Apostel ganz allgemein das Urteil aus, alle Menschen seien eitel geworden in ihren Gedanken (Röm. 1,21), nachdem ihnen doch des Schöpfers Majestät in der Schöpfung der Welt offenbart sei! Um dem wahren und einzigen Gott Raum zu geben, beschuldigt die Heilige Schrift alles, was sonst als Gottheit unter den Völkern verehrt wurde, der Falschheit und Lüge, und dabei bleibt keine Gottheit übrig als allein der Gott, der auf dem Berge Zion angebetet wurde, wo eine einzigartige Erkenntnis Gottes wohnte (Hab. 2,18.20). So scheinen zu Christi Zeit unter den Heiden vor allem die Samariter ganz nahe an die wahre Frömmigkeit herangekommen zu sein, und doch hören wir aus Christi Munde, sie wüßten nicht, was sie anbeteten (Joh. 4,22). Also waren auch sie von eitlem Irrtum getäuscht. Obwohl nicht alle Menschen in die schrecklichsten Laster verfallen oder dem offenbaren Götzendienst ergeben waren, so hat es doch nie eine reine und bewährte Religion gegeben, die bloß auf die allgemeine Einsicht (communis sensus) gegründet gewesen wäre. Mögen auch einige an dem Wahnwitz der Menge unbeteiligt gewesen sein — es bleibt doch die Lehre des Paulus bestehen, daß die Obersten dieser Welt die Weisheit Gottes nicht erkannt ha­ben (1. Kor. 2,8). Wenn gar die Vortrefflichsten derart im Finstern getappt haben — was soll man dann erst von den Ungelehrten und Unklugen sagen? Deshalb kann es nicht wundernehmen, daß der Heilige Geist alle vom menschlichen Wollen er­dachten Religionsübungen als entartet verwirft. Denn gegenüber den himmlischen Ge­heimnissen ist die vom Menschen ausgehende Meinung, auch wenn sie nicht immer eine Menge von Irrtümern gebiert, doch die Mutter des Irrtums. Und wenn auch nichts Schlimmeres dazukommt, so ist es schon ein nicht geringer Fehler, aufs Ge­ratewohl einen unbekannten Gott anzubeten — und das tun nach Christi Wort (Joh. 4,22) alle, die nicht aus dem Gesetze wissen, welcher Gott wirklich zu verehren ist! Selbst die besten Gesetzgeber wollten nicht mehr, als daß die Religion in der Gesamt­meinung des Volkes sich begründe. Ja, selbst Sokrates lobt bei Xenophon das Orakel des Apollo, es solle jeder nach väterlicher Weise und dem Brauch seiner Heimatstadt die Götter anbeten! Woher haben denn sterbliche Menschen das Recht, mit ihrer Autorität festzulegen, was doch höher ist als alle Welt? Und wer kann sich bei den Satzungen der Vorfahren oder der Meinung des Volkes derart beruhigen, daß er ohne Bedenken einen ihm menschlicherweise überlieferten Gott annimmt? Es wird doch ein jeder lieber nach dem eigenen Urteil verfahren, als sich fremder Willkür zu unterwerfen! Weil es also ein allzu schwaches und gebrechliches Band der Reli­gion ist, der Gewohnheit der Stadt oder der alten Überlieferung in Sachen der Ver­ehrung Gottes zu folgen, so bleibt nur übrig, daß Gott selber vom Himmel her über sich Zeugnis gebe.

Themen: ,

This entry was posted on Mittwoch, Oktober 7th, 2009 at 19:44 and is filed under Buch 1, Buch 1 Kapitel 05, Institutio. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

Leave a reply

Name (*)
Mail (will not be published) (*)
URI
Comment