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Zusammenfassung
- der Heilige Geist verteilt die natürlichen Begabungen an die gesamte Menschheit für das Allgemeinwohl, den gerechten wie auch den ungerechten; dies muss man aber unterscheiden von der Gabe des Geistes der Heiligung
- darum können uns gottlose Menschen durchaus in den Künsten und Wissenschaften etwas beibringen, da sie ja diese Gabe von Gott erhalten haben
- Augustin lehrte, und die Scholastiker stimmten zu, dass die freien Gaben durch den Sündenfall verloren gingen, aber dass jedoch die verbleibenden natürlichen Begabungen verdorben wurden: dies bedeutet nicht, dass die Begabungen verschwunden sind, aber sie sind nicht länger mehr rein vor Gott
Text
Aber wir wollen unterdessen nicht übersehen, daß diese Fähigkeiten herrlichste Gaben des Geistes Gottes sind, die er zum gemeinen Besten des Menschengeschlechts nach seinem Willen austeilt, an wen er will. Sollten Bezaleel und Oholiab den Verstand und die Kundigkeit haben die zur Herstellung der Hütte erforderlich waren, so mußten sie vom Geiste Gottes damit erfüllt werden (Ex. 31,2ff.; 35,30ff.). Und so ist es nicht verwunderlich, daß es heißt, die Kenntnis der Dinge, die im menschlichen Leben von der größten Bedeutung sind, werde uns durch den Geist Gottes zuteil. Da hat nun aber keiner Anlaß zu fragen: Was haben denn die Gottlosen mit dem Heiligen Geiste zu schaffen, sie sind doch ganz und gar von Gott getrennt? Denn es heißt zwar, der Geist Gottes wohne nur in den Gläubigen (vgl. Röm. 8,9), aber das muß auf den Geist der Heiligung bezogen werden, durch den wir Gott selber zum Tempel geweiht werden. Aber darum erfüllt, bewegt und kräftigt Gott durch die Kraft desselben Geistes nicht weniger alle Dinge, und zwar entsprechend der Eigenart jedes einzelnen Wesens, wie er sie ihm durch das Gesetz der Schöpfung (creationis lege) zugewiesen hat. Will uns also der Herr durch Hilfe und Dienst von Unfrommen in der Naturwissenschaft, in der Wissenschaft vom Denken oder der Mathematik oder sonstigen Wissenschaften Beistand schaffen, so sollen wir davon Gebrauch machen. Im anderen Fall würden wir Gottes Gaben, die uns in ihnen von selbst dargeboten werden, verachten und mit Recht für unsere Trägheit gestraft werden! Aber es soll doch keiner den Menschen schon deshalb für glückselig halten, weil ihm unter den vergänglichen Dingen dieser Welt eine solche Kraft zum Begreifen der Wahrheit zugestanden wird. Deshalb muß gleich hinzugefügt werden: diese ganze Kraft des Begreifens, dieses Verstehen, wie es sich daraus ergibt — es ist doch vor Gott ein wandelbares und nichtiges Ding, wenn es nicht auf dem festen Grunde der Wahrheit (selber) ruht! Denn Augustin, dem, wie gesagt, der Sentenzenmeister (II,25) und die Scholastiker sich anschließen mußten, hat doch recht, wenn er sagt, die Gnadengaben seien dem Menschen nach dem Fall entzogen worden und ebenso seien die übriggebliebenen natürlichen Gaben verderbt. Das bedeutet nun nicht, daß sie von sich aus befleckt wären; denn sie kommen ja von Gott. Aber dem befleckten Menschen sind sie nicht mehr rein, so daß er nicht etwa in ihnen seinen Ruhm suchen kann!
Themen: Erkenntnistheorie, Heiliger Geist, Kunst, Wissenschaft
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