Archive for the ‘Buch 2’ Category

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Zusammenfassung:

  1. alle Teile unserer Seele, sowohl auch unser Körper, ist von der Sünde beherrscht (Paulus)
  2. die biblische Beschreibung der Erbsünde als Erneuerung
    1. das gesamte dritte Kapitel des Römerbriefs
    2. Eph. 4:23
    3. Röm. 12:2, 8:7, 8:6

Text:

Aus diesem Grunde sagte ich, die Seele sei in ihrem ganzen Bestand von der Sünde mit Beschlag belegt, seitdem sich Adam von der Quelle der Gerechtigkeit abgewandt hat. Denn es hat ihn nicht allein ein niedriges Gelüsten gereizt, sondern schändliche Gottlosigkeit hat seine Seele bis ins Tiefste in Besitz genommen, und die Hoffart ist ins innerste Herz hineingedrungen. Deshalb ist es abgeschmackt und töricht, die daraus entstandene Verderbnis bloß auf die sogenannten „sinnlichen Regungen“ (sensuales motus) zu beschränken oder sie bloß einen „Zunder“ zu nennen, der die von einigen so genannte „Sinnlichkeit“ (sensualitas) reizt, erregt und fortzieht. Petrus Lombardus hat seine grobe Unwissenheit dadurch erwiesen, daß er auf der Suche nach dem Sitz der Erbsünde zu der Ansicht kam, das sei nach Paulus das Fleisch, freilich nicht im eigentlichen Sinne, sondern weil die Erbsünde im Fleische am deutlichsten in Erscheinung trete. Als ob Paulus bloß einen Teil der Seele gemeint habe und nicht die ganze Natur, wenn er das „Fleisch“ und die über­natürliche Gnade einander gegenüberstellt! Paulus hebt auch allen Zweifel auf, in­dem er lehrt, daß die Verderbnis nicht etwa bloß in einen Teil ihren Sitz habe, sondern nichts von ihrer todbringenden Befleckung rein oder unberührt ist! Denn bei der Betrachtung der verderbten Natur (des Menschen) verdammt er nicht bloß die sichtbar werdenden ungeregelten Triebe, sondern er behauptet vor allem, daß die Seele der Blindheit und das Herz der Verdorbenheit verfallen sei, und das ganze dritte Kapitel des Römerbriefs ist ja nichts als eine Beschreibung der Erbsünde. Das wird wieder noch deutlicher, wenn wir (die Kehrseite) die Erneuerung ins Auge fassen. Denn der Geist, der ja dem alten Menschen, dem Fleische entgegenge­setzt wird, bezeichnet nicht etwa bloß die Gnade, die den „niedrigeren“ oder „sinnlichen“ Teil der Seele in Ordnung bringt, sondern er umfaßt doch eine völlige Erneuerung des gesamten Wesens. Und deshalb gebietet Paulus nicht nur die groben Triebe zunichte zu machen, sondern uns zu erneuern im Geist unseres Gemüts (Eph. 4,23), wie er uns ja auch an anderer Stelle auffordert, uns zu ändern in Erneuerung unseres Sinnes (Röm. 12,2). Daraus geht hervor: gerade jener Teil (der Seele), an dem ihre hohe Würde und ihr Adel am meisten erstrahlt, ist nicht nur verwundet, sondern gar der­art verderbt, daß es nicht bloß der Heilung, sondern geradezu der Annahme einer neuen Natur bedarf! Wie weit die Sünde Sinn und Herz in Besitz hat, das werden wir gleich sehen. Hier habe ich nur in Kürze andeuten wollen: der ganze Mensch ist von Kopf bis zu Fuß wie von einer Sintflut derart über und über (mit Sünde) bedeckt, daß kein Teil unberührt ist, und deshalb wird alles, was von ihm kommt, als Sünde gerechnet, wie denn auch Paulus sagt, alle Sinne des Fleisches und all sein Denken seien Feindschaft wider Gott (Röm. 8,7) und deshalb der Tod!

16
Dez

Das Wesen der Erbsünde (Institutio 2-01-08)

   Posted by: Didier Tags:

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Zusammenfassung:

  1. Definition: „Die Erbsünde ist die vererbliche Verderbtheit und Verfälschung unserer Natur, die in alle Teile unseres Wesen dringt, welche uns unter Gottes Zorn stellt und die Werke des Fleisches erzeugt.“
  2. Zwei Gedanken dazu:
    1. Wir sind so verstellt und verdorben in allen Teilen unserer Natur, dass wir mit vollem Recht als verurteilt und überführt vor Gott stehen: alle, selbst Kinder, sind schuldig nicht durch Fremdverschuldung, sondern durch ihre eigene Schuld
    2. diese Verderbtheit wird nie in uns aufhören, sondern fortwährend ihre Früchte bringen
      1. dies ist nicht nur der blosse Verlust unserer ursprünglichen Gerechtigkeit, sondern die Gegenwart einer aktiven Macht und Wille zum Bösen
      2. es ist nicht nur Begierde unserer seits, der ganze Mensch ist verdorben

Text:

Aber es soll hier nicht von einer undeutlichen und unbekannten Sache geredet werden, und deshalb wollen wir die Erbsünde beschreiben. Dabei habe ich jedoch nicht die Absicht, die einzelnen Beschreibungen, welche die kirchlichen Schriftsteller unternommen haben, nachzuprüfen. Ich werde nur eine einzige herausgreifen, die mir der Wahrheit am meisten zu entsprechen scheint. Es erscheint da nämlich die Erbsünde als die erbliche Zerrüttung und Verderbnis unserer Natur, die in alle Teile der Seele hineingedrungen ist; diese macht uns zunächst vor Gottes Zorn zu Schuldigen, dann aber bringt sie auch in uns die Werke hervor, die die Schrift „Werke des Fleisches“ nennt (Gal. 5,19). Das ist im eigentlichen Sinne das, was Paulus öfters „Sünde“ nennt. Die Werke indessen, die daraus hervorgehen, wie Ehebruch, Hurerei, Diebstahl, Haß, Mord, Völlerei nennt er dementsprechend „Früchte“ der Sünde; freilich werden sie weithin in der Schrift und so auch von Paulus selbst „Sünden“ genannt.

Dies beides ist also genau zu beachten: (1) Wir sind in allen Stücken unserer Na­tur dermaßen verderbt und verkehrt, daß wir allein wegen dieser Verderbnis vor Gott mit Recht als Verdammte und Verworfene dastehen; denn ihm ist ja nichts wohlgefällig als Gerechtigkeit, Unschuld und Reinheit. Aber das ist nun keine Verflochtenheit in fremdes Vergehen. Denn wenn es heißt, daß wir durch die Sünde Adams des göttlichen Gerichts schuldig sind, so ist das nicht so zu verstehen, als ob wir etwa unschuldig und ohne Verdienst die Schuld für sein (Adams) Ver­gehen tragen müßten; es ist vielmehr deshalb gesagt, er habe uns in seine Schuld verwickelt, weil wir ja durch seine Übertretung nun alle den Fluch auf uns tragen. Trotzdem ist von ihm her nicht etwa bloß die Strafe auf uns gekommen, sondern die von ihm auf uns übertragene Verderbnis wohnt nun in uns, und diese wird mit Recht bestraft. So sagt Augustinus zwar oft, es handle sich um eine „fremde“ Sünde, um nämlich klarer zu zeigen, daß sie durch Übertragung auf uns kommt. Aber trotzdem behauptet er auch, sie sei eines jeden eigene Sünde. (So unter an­derem in „Von Schuld und Vergebung der Sünden“ III,8). Der Apostel selbst be­zeugt ganz ausdrücklich, der Tod sei darum zu allen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben! (Röm. 5,12). Und das heißt: weil sie alle der Erbsünde verfallen und mit ihren Flecken behaftet sind. So sind denn auch die Kindlein selber, die vom Mutterleibe an ihr Verdammungsurteil mit sich tragen, nicht in fremde, sondern in ihre eigene Sünde verstrickt. Denn obwohl sie die Früchte ihrer Sündhaftigkeit noch nicht hervorgebracht haben, so haben sie doch den Samen in sich, ja ihre ganze Na­tur ist gewissermaßen ein Same der Sünde, so daß sie unvermeidlich Gott verhaßt und abscheulich sein muß. Daraus folgt, daß dies im eigentlichen Sinne vor Gott als Sünde gilt: denn ohne Schuld gäbe es keinen Anklagezustand. (2) Dazu kommt dann das Zweite: Diese Verkehrtheit ist in uns niemals müßig, sondern bringt ohne Aufhören neue Früchte hervor, nämlich jene oben beschriebenen „Werke des Fleisches“ — gleichwie ein Schmelzofen, der einmal angezündet ist, nun Flammen und Funken von sich gibt, oder eine Quelle das Wasser ohne Aufhören aus sich hervorsprudelt. Wer deshalb unter der Erbsünde den Mangel an „Urgerechtigkeit“ (justitia originalis) verstehen will, die wir eigentlich haben sollten, der hat da­mit zwar alles zur Sache Gehörige zusammengefaßt, aber deren Kraft und Wirksamkeit nicht deutlich genug zum Ausdruck gebracht. Denn unsere Natur ist nicht etwa bloß des Guten arm und leer, sondern sie ist fruchtbar und ertragreich im Bösen, so daß sie nie müßig sein kann! Einige haben gesagt, die Erbsünde sei die „Begehrlichkeit“ (concupiscentia). Das ist an sich kein sach­fremdes Wort; nur muß man — was aber von den meisten nicht im mindesten zugegeben wird — noch hinzufügen, es sei eben der ganze Mensch (quicquid in homine est), Verstand und Wille, Seele und Fleisch, von dieser Begehrlichkeit befleckt und erfüllt oder kurzum, der ganze Mensch sei von sich selbst aus nichts anderes als Begehrlichkeit!

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Zusammenfassung:

  1. Nicht der Ursprung der menschlichen Seele, sondern das an Adam anvertraute Geschenk, welches durch den Sündenfall verloren ging, soll hier die Rede sein
  2. Die Gaben war nicht nur einem Menschen gegeben, sondern waren für das gesamte Menschengeschlecht bestimmt; daher wurden sie dem einem Menschen genommen, nahm man es allen.
  3. Im übertragenen Sinne:
    1. faule Wurzel geben nur faule Äste und Zweige
    2. der Quell der Ansteckung geht nicht von der ursprünglichen Schöpfung aus, sondern wurde später verdorben
  4. Kinder werden nicht in die geistliche Wiedergeburt der Eltern hineingeboren, sondern entstammen der fleischlichen Zeugung (Augustin gegen die Pelegianer)

Text:

Um diese Dinge zu verstehen, ist nun aber jene ängstlich genaue Streitfrage nicht vonnöten, mit der sich die Alten mehr, als gut war, gequält haben, nämlich: ob die Seele des Kindes dadurch entstünde, daß die des Vaters auf das Kind über­ginge, da ja in der Seele vor allem die Seuche stecke! Wir müssen uns vielmehr damit zufrieden geben: der Herr hat alle Gaben, die er der menschlichen Natur verleihen wollte, dem Adam zur Bewahrung übergeben. Wenn er also verlor, was er empfangen hatte, so hat er es nicht nur für seine eigene Person, sondern für uns alle verloren, wer will sich dann noch über die Fortpflanzung der Seele Unruhe machen, wenn er doch hört, daß Adam all die Zier, die er verloren hat, ebensosehr für uns, als für sich selber empfangen hatte, daß sie eben nicht ihm allein, sondern dem ganzen Menschengeschlecht zugeteilt war? Es liegt gar nichts widersinniges darin, daß damit, daß er jener herrlichen Gaben verlustig ging, auch die Natur nackt und arm dasteht, und daß dadurch, daß er von der Sünde befleckt wurde, die An­steckung auch in die Natur eingedrungen ist! So sind aus der faulen Wurzel faule Äste hervorgeschossen, und die haben wiederum ihre Fäulnis den anderen Sprößlingen mitgeteilt, die aus ihnen hervorgingen! So liegt die Verderbnis der Kinder schon in den Vätern, und die Kinder verderben wieder die Enkel; das bedeutet: die Ver­derbnis hat bei Adam den Anfang genommen und sich so in ununterbrochenem Ablauf von den Vorfahren zu den Nachfahren fortgepflanzt. Denn die Ansteckung und Befleckung hat ihren Ursprung nicht etwa im Grundwesen (substantia) des Fleisches oder der Seele, sondern darin, daß Gott es so eingerichtet hatte, daß der erste Mensch die Gaben, die er ihm zuteil werden ließ, mit den Seinigen zusammen besaß — und verlor! Nun schwatzen aber die Pelagianer, es sei nicht glaubwürdig, daß die Kinder frommer Eltern von diesen die Verderbnis empfingen, sie müßten doch vielmehr durch ihre Reinheit geheiligt werden! (Vgl. 1. Kor. 7,14). Das ist leicht zu wider­legen. Denn die Kinder gehen ja nicht aus ihrer geistlichen Wiedergeburt, sondern aus fleischlicher Zeugung hervor. Deshalb sagt auch Augustinus mit Recht: Sei es also ein ungläubiger, schuldiger Mensch oder ein gläubiger, der losgesprochen ist: beide zeugen nicht etwa Losgesprochene, sondern Schuldige, denn sie zeugen aus ihrer verderbten Natur! (Gegen die Pelagianer und Coelestianer, Buch II). Daß also die Kinder gewissermaßen an der Heiligkeit ihrer Eltern Anteil haben, das ist eine be­sondere Segnung des Volkes Gottes; und die hindert nicht, daß jene erste und allge­meine Verfluchung des Menschengeschlechts vorausgeht! Denn die Schuld besteht von Natur her, die Heiligung aber aus übernatürlicher Gnade.

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Zusammenfassung:

  1. Der Kontrast zwischen Adam und Christus, wie wir es in Röm 5:12-17 finden, dient als Beleg für die Glaubenssatz, dass die Erbsünde durch Vererbung (nicht durch Nachahmung wie Pelagius glaubte) weitergegeben und wir durch die in Christus gewonnene Gerechtigkeit befreit sind.
  2. Paulus Absicht in 1. Korinther ist der, den Glauben der Gerecht in die Auferstehung zu stärken: das Leben, dass wir in Adam verloren haben, hat Christus uns wiedergewonnen (1. Kor 15:22)
  3. „Wir starben in Adam“ ist als Analogie der Ansteckung zu deuten (all dies führt schließlich zur Wiedergeburt in Christus)

Text:

Wir hören, daß die Unreinigkeit der Voreltern derart auf die Nachfahren über­geht, daß alle ohne jede Ausnahme vom Ursprung her befleckt sind. Den Anfang dieser Befleckung kann man nur finden, wenn man zum Urvater aller Menschen als zur Quelle zurückgeht. Wir werden die Sache also sicher so anzusehen haben: Adam ist nicht nur der Ahnherr der menschlichen Natur, sondern er ist sozusagen ihre Wurzel, und deshalb ist durch seine Verderbnis billigerweise das ganze Menschengeschlecht zerrüttet worden. Das macht der Apostel klar, indem er ihn mit Christus vergleicht. „Wie durch einen Menschen die Sünde in die ganze Welt ge­kommen ist und durch die Sünde der Tod, und ist also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, dieweil sie alle gesündigt haben, so ist Gerechtigkeit und Leben uns wiedergegeben durch die Gnade Christi“ (Röm. 5,12ff.). Was wollen da die Pelagianer schwätzen? Die Sünde des Adam soll durch Nachahmung fortgepflanzt worden sein? Dann würden wir also auch die Gerechtigkeit Christi nicht anders über­kommen, als weil er uns als Vorbild gesetzt wäre, dem wir nachahmen sollten. Was wäre das aber für eine unerträgliche Gotteslästerung! Es ist doch außer allem Streit, daß Christi Gerechtigkeit durch Gemeinschaft mit ihm die unsere wird und uns das Leben schenkt. Daraus folgt dann aber: beides ist in Adam verloren, um in Christus wiedergewonnen zu werden; Sünde und Tod sind durch Adam eingeschlichen, um durch Christus abgetan zu werden. Und wenn der Apostel sagt, durch Christi Gehorsam würden viele gerecht gemacht, gleichwie sie durch Adams Ungehorsam Sünder geworden sind, so ist daran nichts Unklares. Zwischen ihnen beiden besteht danach die Beziehung, daß dieser (Adam) uns in sein Verderben mit hineinzieht und also mit sich zugrunde richtet, jener (Christus) uns durch seine Gnade wieder zum Heil bringt. Die Sache tritt so deutlich in das Licht der Wahrheit, daß ich meine: sie bedarf eines längeren und mühsameren Beweises nicht. So zeigt auch Paulus im 1. Korintherbrief, wo er die Frommen in der Hoffnung auf die Auferstehung stärken will, daß wir in Christus das Leben wiedererlangen, das in Adam verloren gegangen war (1. Kor. 15,22). Dadurch, daß er sagt, wir seien in Adam alle gestor­ben, bezeugt er zugleich klar und offen, daß wir von der Befleckung durch die Sünde umstrickt sind. Denn die Verdammnis würde ja gar nicht zu solchen kommen, die von keinerlei Schuld der Sünde berührt wären! Aber die eigentliche Absicht des Apostels wird am deutlichsten aus der Beziehung zu dem anderen Satzglied, wo er lehrt, in Christo sei die Hoffnung auf das Leben wiederhergestellt. Dabei ist es aber eben genugsam bekannt, daß dies nicht anders geschieht als so, daß Christus in wun­dersamer Mitteilung die Kraft seiner Gerechtigkeit auf uns überträgt — wie es an anderer Stelle auch heißt, der Geist sei für uns Leben um der Gerechtigkeit willen (Röm. 8,10). Also kann auch der Satz, daß wir in Adam alle gestorben sind, nicht anders ausgelegt werden als so: er hat uns durch sein Sündigen nicht nur in seine Niederlage und sein Verderben hineingerissen, sondern auch unsere Natur in die gleiche Verderbnis hineingestürzt. Und das hat er nicht durch sein Vergehen allein getan, als ob es mit uns nichts zu tun hätte, sondern eben dadurch, daß er all seine Nachkommenschaft mit der Verderbnis, in die er gefallen war, angesteckt hat. Auch könnte Paulus nicht sagen, alle Menschen seien von Natur Kinder des Zorns (Eph. 2,3), wenn sie nicht von Mutterleibe an unter dem Fluche stünden! Da­bei ist leicht ersichtlich, daß er hier nicht die Natur meint, wie sie von Gott er­schaffen wurde, sondern wie sie in Adam verdorben wurde; denn es wäre durchaus unsinnig, wollte man Gott zum Urheber des Todes machen! Adam hat sich also selbst so verderbt, daß von ihm her die Ansteckung auf die gesamte Nachkommenschaft ge­kommen ist! Auch verkündet Christus, der himmlische Richter, selber deutlich genug, daß alle Menschen böse und verderbt geboren werden; lehrt er doch: „Was vom Fleische geboren wird, das ist Fleisch“ (Joh. 3,6). Danach ist allen Menschen das Tor zum Leben verschlossen, bis sie wiedergeboren sind.

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Zusammenfassung:

  1. Die Existenz des Fluchs, d.h. der Kontrast zwischen dem, was jetzt der Mensch ist und dem, wie der Mensch am Anfang erschaffen wurde, ist ein Beleg für die Auswirkung der Sünde über die gesamte Schöpfung
  2. Erbsünde ist gleich dem Verderbtheit einer Natur, die einst gut und rein war
  3. Die Auffassung der Kirchenväter über die Erbsünde
    1. die ersten Kirchenväter behandelten diese Frage nicht eindeutig, da sie glaubten, die Schuld des einen wurde zur Schuld aller sei nicht die wahre Sicht
    2. Pelagius und Celestius stritten die Erbsünde beide ab, doch Augustin (und andere) zeigten mit viel Mühe, dass wir nicht durch nachgeahmte Boshaftigkeit verdorben sind, sondern wir tragen diesen Defekt schon im Mutterleibe in uns
    3. Psalm 51 Verse 5 dient als Beweis: dieses Bekenntnis gilt nicht nur bei David, sondern zeigt an ihm exemplarisch die Schicksal der Menschheit
  4. Zusammenfassend: abgestammt von reiner Natur sind wir doch alle von Geburt mit der Sünde befleckt

Text:

Wie das geistliche Leben des Adam darin bestand, daß er mit seinem Schöpfer verbunden und an ihn gebunden blieb, so bedeutete die Entfremdung von ihm das verderben der Seele. So ist es kein Wunder, daß er sein Geschlecht ins Elend stürzte — verkehrte er doch die ganze Ordnung der Natur im Himmel und auf Erden! Es seufzt die Kreatur, sagt Paulus, die ohne ihren Willen der Verderbnis unterwor­fen ist! (Röm. 8,22). Fragt man nach der Ursache davon, so ist es außer Zweifel, daß die Kreatur einen Teil der Strafe trägt, die der Mensch sich zugezogen hat, zu dessen Nutzen sie erschaffen war. So ist also nach allen Seiten, droben und hienieden, aus Adams Schuld der Fluch entsprungen, der auf allen Gebieten der Welt ruht — und deshalb ist es durchaus nicht widersinnig, daß er auch auf seine gesamte Nachkommenschaft übergegangen ist. Nachdem also einmal das himmlische Bild in ihm zerstört war, ist er nicht allein für seine Person damit gestraft worden, daß nun an die Stelle der Weisheit, Kraft, Heiligkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit, die ihn einst geziert hatten, die übelsten Verderbnisse traten: Blindheit, Kraftlosigkeit, Unreinheit, Eitelkeit, Ungerechtigkeit, — sondern in eben dieses Elend hat er auch seine Nachkommenschaft verwickelt und hineingestoßen. Das ist die erbliche Verderbnis (haereditaria corruptio), die die Alten „Ursünde“ (Erbsünde, peccatum originale) genannt haben, wobei sie unter Sünde die Zerrüttung der zuvor guten und reinen Natur verstanden. Über diese Lehre war unter ihnen gewaltiger Streit; denn dem gemeinen Menschenverstand ist nichts so befremdlich, als daß wegen der Schuld eines Menschen alle schuldig sein sollten und so also die Sünde allgemein werde. Das scheint auch der Grund gewesen zu sein, weshalb die ältesten Lehrer der Kirche dieses Lehrstück bloß unklar behandelten; wenigstens haben sie es weniger deutlich entfaltet, als recht ist. Und trotzdem konnte diese Vorsicht den Pelagius nicht daran hindern, sich aufzumachen und die unfromme Auffassung vorzutragen, Adam habe nur zu seiner eigenen Verdammnis gesündigt, aber seinen Nachkommen damit keinen Schaden getan. Mit solcher Verschlagenheit wollte der Satan versuchen, die Krankheit zu verdecken und so unheilbar zu machen. Und als Pelagius dann durch das klare Zeugnis der Schrift überführt wurde (und zugeben mußte), die Sünde sei von dem ersten Menschen auf seine gesamte Nachkommenschaft übergegangen, da brachte er die spitzfindige Weisheit auf, das sei eben nur durch Nachahmung geschehen, nicht aber im Sinne der Vererbung. Da haben sich denn wackere Männer, vor allem Augustin, abmühen müssen, zu zeigen, daß wir nicht etwa durch eine spä­ter angenommene Bosheit der Verderbnis verfallen, sondern von Mutterleibe an eine angeborene Sündhaftigkeit mitbringen. Das zu leugnen, war höchste Vermessenheit. Indessen wird man sich über die Verwegenheit der Pelagianer und Coelestianer nicht wundern, wenn man aus den Schriften jenes heiligen Mannes (Augustin) bemerkt, was für unverschämte Ungetüme sie in allen anderen Stücken ge­wesen sind. Es ist doch gewiß sonnenklar, wenn David bekennt, er sei in Sünden ge­boren und von seiner Mutter in Sünden empfangen worden (Ps. 51,7). Damit will er doch nicht etwa Vergehen seines Vaters oder seiner Mutter tadeln, sondern er legt, um Gottes Güte gegen ihn um so besser herauszustreichen, ein Bekenntnis seiner eigenen Verderbtheit ab, die er seit seiner Geburt zu haben behauptet. Nun steht aber anerkanntermaßen dies Zeugnis des David nicht einzig da, und so ergibt sich, daß an seinem Beispiel das allgemeine Los des Menschengeschlechts dargestellt wird. Denn wir alle, die wir aus unreinem Samen herstammen, werden, befleckt von der Ansteckung der Sünde, geboren, ja, ehe wir das Licht der Welt erblicken, sind wir vor Gottes Augen bereits verdorben und befleckt. „Kann wohl ein Reiner kommen von den Unreinen? Auch nicht einer“, heißt es im Buche Hiob (Hiob 14,4).