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Zusammenfassung
- die „Gotte reute es“ Stellen im Alten Testament lassen einige folgern, dass Gott nicht durch ewige Beschlüsse die Menschengeschicke bestimmt hat, sondern das als gut und gerecht erachtet, was sich an jenem Moment ereignet.
- Gott wird nicht nur der Reue beschuldigt, sondern auch der Unwissenheit, des Fehlers oder der Ohnmacht
- einige Bibelstellen, die von Gottes Reue sprechen, handeln auch von seiner Unveränderlichkeit jenseits aller Reue
Text
Über die Vorsehung Gottes ist damit an sich genug gesagt. Freilich nur soviel, wie es zur sicheren Unterweisung und zum Trost der Gläubigen von Nutzen ist; denn, um die Neugier eitler Menschen zu befriedigen, kann nichts ausreichen, und es ist auch nicht einmal zu wünschen, daß es geschähe! – Aber es gibt einige wenige Stellen, die den Eindruck zu erwecken scheinen, der Ratschluss Gottes sei – gegen das, was wir oben ausführten – doch nicht beständig fest und unabänderlich, sondern entsprechend den Verhältnissen untergeordneter Dinge veränderlich. Da wird zunächst zuweilen die Reue Gottes erwähnt. So hat es ihn „gereut, daß er den Menschen gemacht hatte“ (Gen. 6,6), daß er Saul zur Königsherrschaft erhoben hatte (1. Sam. 15,11). Oder es reute ihn das Übel, das er seinem Volke zuzufügen beschlossen, sobald er bei ihm irgendwelche Umkehr gewahrte (Jer. 18,8). Ferner hören wir gelegentlich, wie er seine Beschlüsse ändert. So hatte er durch Jona den Niniviten angedroht, Ninive werde nach Ablauf von vierzig Tagen zugrunde gehen, ließ sich aber alsbald durch deren Buße zu einem milderen Spruch bewegen (Jona 3,4.10). So hatte er dem Hiskia durch den Mund des Jesaja den Tod ankündigen lassen; aber des Königs Tränen und Gebete bewogen ihn dann doch, den Tod hinauszuschieben (Jes. 38,1.5; 2. Kön. 20,1.5).
Von hier aus schließen nun manche, Gott habe gar nicht in ewigem Beschluss die menschlichen Geschicke bestimmt, sondern er entscheide nach eines jeden Verdienst, oder je, wie er es für billig und gerecht hält, über die einzelnen Jahre, Tage und Stunden bald so, bald anders!
Was die Reue betrifft, so kann diese Gott ebenso wenig beigelegt werden wie etwa die Unwissenheit, der Irrtum oder die Machtlosigkeit. Denn es begibt sich keiner mit Wissen und Wollen in die Notwendigkeit, eine Sache zu bereuen; wir könnten also Gott die Reue nicht beimessen, ohne zugleich zu sagen, er wisse die Zukunft nicht, oder er könne ihr nicht entgehen, oder er stürze sich aufs Geratewohl und unbedacht in einen Beschluss hinein, der ihn gleich darauf reue. Das aber liegt vom Sinn des Heiligen Geistes soweit ab, daß dieser gerade in einem Zusammenhang, wo solche „Reue“ Gottes erwähnt wird (1. Sam. 15,11!), doch leugnet, Gott könne sich von der Reue leiten lassen, weil er doch nicht ein Mensch ist, den etwas gereue (1. Sam. 15,29). Es ist da zu beachten, wie in dem gleichen Kapitel beide Aussagen so verbunden sind, daß wir merken, wie hier ein Vergleich vorliegt, der den Anschein des Widerspruchs ausgezeichnet behebt. Es ist eine bildliche Darstellung der eingetretenen Veränderung, wenn wir hören, daß es Gott „reue“, den Saul zum König gemacht zu haben. Gleich darauf heißt es dann auch: „Der Starke in Israel lügt nicht, und ihn bringt nicht Reue von seinem Weg; denn er ist kein Mensch, daß ihn etwas gereue.“ In diesen Worten wird offen, ohne Bild, Gottes Unveränderlichkeit behauptet. So ist also Gottes Anordnung in der Leitung der Menschengeschicke gewiss dauernd und über alle Reue erhaben. Und damit seine Beständigkeit außer Zweifel stehe, wurden selbst seine Feinde gezwungen, sie zu bezeugen. Denn Bileam mußte, obwohl wider Willen, in die Worte ausbrechen: „Denn Gott ist nicht ein Mensch, daß er lüge, noch eines Menschen Kind, daß er sich wandle. Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten?“ (Num. 23,19; nicht ganz Luthertext).