Archive for the ‘Buch 1 Kapitel 06’ Category

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Zusammenfassung

  1. David lehrt uns, da Gott vergebens alle Völker durch die Betrachtung des Himmels und der Erde ruft, so ist das Gesetz die einzige Schule für Gottes Kinder
  2. Dies ist auch der Inhalt Christi Lehre bei der samaritanischen Frau

Text

Derselbe Prophet (Ps. 19,1) sagt auch, daß die Himmel die Ehre Gottes er- zählen, das Firmament seiner Hände Werk verkündigt, der geordnete Lauf von Tag und Nacht seine Majestät anzeigt; aber er spricht dann doch gleich darauf von Gottes Wort: „Das Gesetz des Herrn ist vollkommen und erquickt die Seele, das Zeug­nis des Herrn ist gewiß und macht die Unverständigen weise, die Rechte des Herrn sind richtig und erfreuen das Herz, die Gebote des Herrn sind lauter und erleuchten die Augen“ (Ps. 19,8ff.). Obwohl nun der Prophet auch andere Anwendungen des Gesetzes mit in Betracht zieht, so zeigt er doch allgemein: da Gott vergebens alle Völker durch den Anblick Himmels und der Erden zu sich einlädt, ist dies die beson­dere Schule der Kinder Gottes! Ähnlich ist auch die Absicht des 29. Psalms. Da redet der Prophet von der furchtbaren Stimme Gottes, wie sie in Donner und Sturm, Platzregen und Unwetter die Erde erzittern macht, die Berge erschüttert, die Zedern knickt. Und dann fügt er am Schluß hinzu: „In seinem Tempel sagt ihm alles Ehre“ — die Menschen sind ja gegen alle Stimmen Gottes, welche in der Luft erschallen, taub und ungläubig! So schließt er auch einen anderen Psalm, in dem er die schreck­lichen Fluten des Meeres beschrieben hat: „Dein Wort ist eine rechte Lehre, Heilig­keit ist die Zierde deines Hauses ewiglich“ (Ps. 93,5). Daher konnte auch Christus zu dem samaritischen Weibe sagen, ihr Volk und alle anderen wüßten nicht, was sie anbeteten, die Juden allein aber beteten den wahren Gott an (Joh. 4,22). Denn da der Menschengeist in seiner Schwachheit auf keine Weise zu Gott kommen kann, wo ihm Gottes Wort nicht aufhilft und ihn aufrichtet, so befanden sich notwendig alle Menschen außer den Juden, weil sie Gott ohne das Wort suchten, in Wahn und Irrtum.

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Zusammenfassung

  1. die starke Neigung des Menschen, sich von Gott zu entfremden, macht das geschriebene Zeugnis der himmlischen Lehre unumgänglich
  2. das Wort Gottes beschreibt uns wahrhaftig und lebhaft  Gott durch seine Werke
  3. wenn wir den Pfad verlassen, welche die Schrift uns weist, so werden wir immer im Irrtum landen und nie unser Ziel erreichen

Text

Wenn wir die starke Neigung des Menschen bedenken, Gott zu vergessen, wenn wir seinen Hang zu allerlei Irrtümern sehen und wenn wir gewahr werden, wie gierig er sich immer neue, falsche Religionen erdenkt, dann können wir ermessen, wie nötig solche schriftliche Aufzeichnung der himmlischen Lehre war, damit sie nicht durch Vergessenheit entstellt, im Irrtum der Eitelkeit preisgegeben oder durch menschliche Vermessenheit verdorben würde. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß Gott bei allen, die er fruchtbringend unterweisen wollte, das Mittel seines Wortes angewandt hat, weil er sah, daß sein Bild, wie es in der herrlichen Gestalt der Welt sich ausprägte, nicht kräftig genug sein werde. Deshalb kann es uns nur helfen, diesen geraden Weg zu gehen, wenn wir im Ernste zu lauterer Betrachtung Gottes kommen wollen. An das Wort, sage ich, müssen wir uns halten; denn da wird uns Gott recht und lebendig aus seinen Werken beschrieben, indem nämlich diese Werke nicht nach unserem verkehrten Urteil, sondern nach der Regel der ewigen Wahrheit eingeschätzt werden! Weichen wir vom Worte ab, so mögen wir, wie gesagt, immerhin mit äußerster Schnelligkeit vorwärtsstreben, wir werden aber nie zum Ziel gelangen, weil wir eben auf einem Abweg sind! Wir müssen bedenken: der Glanz von Gottes Angesicht, von dem auch der Apostel sagt: „da niemand zukommen kann“ (1. Tim. 6,16), ist uns wie ein auswegloses Labyrinth, wenn uns nicht die Richtschnur des Wortes leitet. Es ist also besser, auf diesem Weg zu hinken, als auf einem Abweg zu rennen! Wenn darum David ankündet, daß der Aberglaube aus der Welt verschwinden wird, um der wahren Religion Platz zu machen, so stellt er uns Gott vor Augen, wie er sein Königreich aufrichtet (Ps. 93; 96; 97; 99 und andere). Dabei versteht er aber unter Gottes Königreich nicht sein Machtwirken, wie er es in der Regierung der ganzen Natur ausübt, sondern die Lehre, in welcher er seine alleinige Herrschaft durchsetzt. Denn der Irrtum kann nicht aus dem Menschenherzen gerissen werden, ehe wahre Gotteserkenntnis darin gepflanzt ist!

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Zusammenfassung

  1. die ununterbrochene Überlieferung der Wahrheit durch die Jahrtausende
    1. Gott sprach zu den Patriarchen (Abraham, etc.) durch Wunder und Visionen oder durch die Werke oder den Dienst von Menschen was diese aufschreiben und somit der Nachwelt übermitteln sollte
    2. diese Offenbarungen wurden später niedergeschrieben zur Zeit das Gesetz Gottes veröffentlicht wurde
    3. später fügte man noch die Propheten als Ausleger des Gesetzes hinzu
  2. wahre Religion (beides, Glaube und wahres Wissen) hat seinen Ursprung in der heiligen Lehre, dass wir Gott nur durch das ehrfürchtige Studium der Schrift und die ergebene Anerkennung dessen was Gott beschlossen hat zu offenbaren, erkennen können

Text

Ob sich nun Gott den Vätern durch Orakel und Gesichte kundgetan oder ihnen durch Vermittlung und Dienst von Menschen mitgeteilt hat, was sie den Nachfahren überliefern sollten — auf keinen Fall läßt sich bezweifeln, daß in ihr Herz die Lehre mit solch unerschütterlicher Gewißheit eingegraben war, daß sie fest überzeugt waren und klar sahen: was sie erfahren hatten, das kam von Gott. Denn Gott hat zu allen Zeiten seinem Wort eine unzweifelhafte Glaubwürdigkeit verliehen, die über alles menschliche Denken hinausgeht. Damit dann ferner die Wahrheit der Lehre durch alle Jahrhunderte in dauerndem Fortschreiten erhalten bliebe, wollte Gott, daß die nämlichen Offenbarungsworte (oracula), die er den Vätern geschenkt hatte, sozusagen auf öffentlich ausgestellten Tafeln aufgezeichnet würden. Aus solchem Ratschluß hat Gott das Gesetz gegeben, dem dann später als Ausleger die Propheten beigegeben wurden. Nun gab es zwar eine vielfältige Anwendung des Gesetzes (multiplex legis usus), wie wir später noch näher sehen werden. Aber Mose und alle Propheten hatten doch vor allem die Absicht, die Art der Versöhnung zwischen Gott und dem Menschen zu lehren — deshalb nennt ja auch Paulus Christus des Gesetzes Ende (Röm. 10,4). Trotzdem wiederhole ich hier: außer der eigentlichen Lehre von Glaube und Buße (Bekehrung), die uns Christum als Mittler vor die Augen stellt, beschreibt und ziert die Schrift den einen und wahren Gott, wie er die Welt geschaffen hat und noch regiert, mit sicheren Hinweisen und Zeichen, um alle Vermischung mit dem falschen Götzenschwarm zu verhindern. So sehr also der Mensch seine Augen der Be­trachtung von Gottes Werken zuwenden soll — denn in diesem wunderherrlichen Schau­spiel hat er ja seinen Platz als Zuschauer —, so soll er doch vor allem das Wort Gottes zu Ohren nehmen, um zu besserer Erkenntnis zu gelangen. Man darf sich nicht wundern, daß die Menschen, die in der Finsternis geboren sind, mehr und mehr in Unempfänglichkeit sich verhärten. Denn nur ganz wenige werden zu gelehrigen Schü­lern des Wortes Gottes und bleiben so in den gesetzten Schranken; die meisten gehen vielmehr hochmütig in ihren eitlen Einbildungen einher. Soll uns aber der Strahl wahrer Religion treffen, so müssen wir bei der himmlischen Lehre (caelestis doctrina) den Anfang machen, und es kommt niemand auch nur zum geringsten Verständ­nis rechter und heilsamer Lehre, wenn er nicht zuvor ein Schüler der Schrift wird. Da liegt der Ursprung wahren Erkennens: wenn wir mit Ehrfurcht annehmen, was Gott hier von sich selber hat bezeugen wollen. Denn nicht bloß ein echter und voll­kommener Glaube, sondern alle rechte Gotteserkenntnis entsteht aus dem Gehorsam. Und in diesem Stück hat Gott fürwahr für die Menschen aller Zeiten mit besonderer Vorsehung gnädig gesorgt!

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Zusammenfassung

  1. trotz Gottes universellen Offenbarung im Lichte dieser Welt und des Himmels benötigen wir eine andere und bessere Hilfsquelle, um uns Gott zu nähern
  2. diese Hilfsquelle ist die Heilige Schrift, die Bibel
    1. welche zuerst die Juden davor bewahrte, in Vergessenheit zu geraten und welche das reine Wissen über Gott den Christen bewahrt
    2. welche uns wieder die Sicht gibt, wie eine Brille uns die Schärfe des Blickes schenkt oder wie ein Vergrösserungsglas die Buchstaben für einen Sehbehinderten wieder erkennen lässt.
  3. zwei Etapen in der Erkenntnis welche uns die Schrift (Bibel) gibt:
    1. Erkenntnis Gottes des Schöpfers (was hier behandelt wird): es reicht nicht, dass wir irgendeinen Gott verehren, sondern das er ein bestimmter Gott ist, den wir verehren sollen
    2. Erkenntnis Gottes als Erlöser (was im Buch 2 behandelt wird)
  4. Vorgehensweise
    1. gegenwärtiges Thema: wie die Schrift uns lehrt, dass Gott, der Schöpfer dieses Universums, durch klare Erkennungsmerkmale von der Reihe erfundener Götter unterschieden werden kann
    2. später werden das Erlösungswerk Christi untersuchen

Text

Obgleich wir nun von Natur nicht die Fähigkeit haben, zur reinen und lauteren Erkenntnis Gottes zu gelangen, so ist dies Unvermögen doch unser eigener Fehler, und deshalb ist uns alle Entschuldigung abgeschnitten, wir können nicht Unwissen­heit vorschützen; denn unser Gewissen selbst überführt uns stets unserer Trägheit und Undankbarkeit. Das wäre wahrlich eine feine Entschuldigung, wenn der Mensch behaupten wollte, ihm fehlte das Ohr, um die Wahrheit zu vernehmen — welche doch die stumme Kreatur mit mehr denn helltönenden Stimmen verkündet, wenn er einwenden wollte, er könne nicht mit Augen sehen — was doch alle Kreatur, ohne selbst sehen zu können, so deutlich zeigt, wenn er sich mit Schwachheit seines Geistes entschuldigen wollte, wo alle vernunftlosen Geschöpfe als Lehrer auftreten! Wir haben wirklich nicht das mindeste Recht zur Entschuldigung, wenn wir irrend und schweifend das Ziel verfehlen — wo doch alles den rechten Weg zeigt! Freilich, so sehr es Schuld des Menschen ist, wenn er das Samenkorn des Wissens um Gott, wie es durch den wundersamen Bau der Natur in ihm gesät ist, so bald verdirbt, daß es nicht zu rechter und lauterer Frucht kommen kann, so ist es doch auch andererseits richtig, daß wir durch jene bloße und schlichte Bezeugung, welche Gottes Majestät von Seiten der Kreatur so reichlich erfährt, niemals ausreichend unterwiesen werden. Denn kaum haben wir aus der Betrachtung der Welt einigermaßen ein Empfinden für die Gottheit erlangt, da verlassen wir den wahren Gott und setzen an seine Statt die Träume und Gespinste unseres eigenen Hirns und leiten das Lob der Ge­rechtigkeit, Weisheit, Güte und Macht von der eigentlichen Quelle ab — bald dahin, bald dorthin! Alle Tage tut Gott sein Werk — aber wir verdunkeln oder verdrehen es durch unbilliges Urteil und rauben so dem Werk seine Ehre und dem Wirker den gebührenden Lobpreis.