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Zusammenfassung
- nicht durch einen allgemeinen Anstoss, sondern durch einen direkten und spezifischen Einfluss Gottes geschieht alles; nicht durch ein universelles Naturgesetz, das Gottes Willen innerhalb enger Grenzen beschränkt: biblische Hinweise
- Nutzen für die, welche mit Recht Gottes Allmacht preisen
- Seine Macht ist gewaltig, um das Gute im Himmel wie auf Erden, sowie unter seinen Geschöpfen zu tun, die ihm gehorsam sind und auf welche er aufmerksam ist
- Er beschützt uns von allen schädlichen Dingen; er beruhigt unsere abergläubische Furcht vor allem, was uns bedroht: Bibeltexte
Text
So will sich Gott fürwahr die Allmacht zueignen und sie von uns anerkannt wissen. Das ist freilich nicht jene leere, müßige und fast schlummernde „Allmacht“, die sich die Sophisten erdacht haben, sondern sie ist wachsam, tätig und wirksam und stets im Handeln begriffen. Sie ist auch nicht etwa bloß der allgemeine Beginn einer verworrenen Bewegung, als wenn er einen Fluss innerhalb der einmal festgesetzten Ufer dahinfließen ließe; sondern sie wirkt auf die einzelnen und besonderen Bewegungen allesamt. Er heißt allmächtig, nicht weil er zwar alles vermöchte, aber doch zwischendurch zuweilen ruhte oder aufhörte oder den einmal festgelegten Naturlauf (naturae ordo) auf Grund des allgemeinen Antriebs, den er ihm verliehen, nun weiterwirken ließe. Nein, er heißt deshalb allmächtig, weil er Himmel und Erde mit seiner Vorsehung lenkt und alles so einrichtet, daß nichts ohne seinen Willen geschieht. Denn wenn es im Psalm heißt: „Er kann machen, was er will“ (Ps. 115,3), so wird damit sein Wille als fest und wohlüberlegt bezeichnet. Es wäre nämlich töricht, wenn man nach der Weise der Philosophen dieses Prophetenwort dahin auslegen wollte, Gott sei der Erstantrieb (primum agens), da er ja Anfang und Ursache aller Bewegung ist. Vielmehr freuen sich doch die Gläubigen im Unglück in der tröstlichen Gewissheit, daß ihnen nichts widerfährt ohne Gottes Anordnung und Befehl, weil sie ja in seiner Hand sind. Erstreckt sich also Gottes Leitung auf alle seine Werke, so ist es kindisches Geschwätz, sie in den Lauf der Natur einzuschließen. Denn wer Gottes Vorsehung in so enge Grenzen hineinzwängen will, als ob er alles nach seinem freien Lauf dem stetigen Gesetz der Natur (naturae lex) überließe, der beraubt Gott seiner Ehre und ebenso sehr sich selbst einer sehr nützlichen Einsicht; denn nichts wäre jämmerlicher als der Mensch, wenn er einfach allen Bewegungen des Himmels, der Luft, der Erde und des Wassers ausgesetzt wäre! Außerdem würde ja auf diese Weise die besondere Güte Gottes gegen jeden einzelnen aufs unwürdigste verkleinert! Ruft doch David aus, selbst die jungen Kinder, die noch an der Mutter Brust hängen, seien wohl fähig, Gottes Ruhm zu verherrlichen (Ps. 8,3); denn wenn sie kaum der Mutter Leib verlassen haben, so finden sie ja schon die Nahrung, die ihnen himmlische Fürsorge bereitet hat! Es ist doch ganz allgemein wahr, nur müssen wir auch nicht mit unseren Augen und Sinnen an dem vorbeigehen, was doch die Erfahrung deutlich zeigt: die eine Mutter kann ihr Kindlein reichlich nähren, die andere weniger, je nachdem Gott das eine Kindlein kräftig, das andere bescheidener mit Nahrung versehen will.
Wer nun Gottes Allmacht das ihr zukommende Lob zollt, der hat einen doppelten Segen davon: Erstens erkennt er, daß Gott unerschöpflich wohlzutun vermag, da er ja Himmel und Erde in Besitz hat und da alle Geschöpfe auf seinen Wink schauen, um ihm Gehorsam zu leisten. Zweitens erfährt er, daß man in seinem Schutze sicher ruhen kann; denn seinem Willen ist ja alles unterworfen, was sonst als schädlich zu fürchten wäre; sein Befehl hält den Satan mit all seinem Heer und all seiner List wie an einem Zügel in der Gewalt, und von seinem Wink hängt auch ab, was unserem Heil zuwider ist! Nur dadurch kann die maßlose und abergläubische Angst, die wir zuweilen gegenüber Gefahren empfinden, gemäßigt und gestillt werden. Ich sagte, es sei abergläubisch, wenn wir Angst haben, wenn wir, sooft uns Geschöpfe bedrohen oder Furcht einflößen, alsbald erschrecken, als ob sie aus sich selber Kraft oder Macht hätten, uns zu schaden, oder von selbst oder aus Zufall uns verletzen könnten, oder als ob gegen ihre Anfeindungen nicht Hilfe genug bei Gott wäre! So gebietet zum Beispiel der Prophet, die Kinder Gottes sollten sich nicht vor den Sternen und den Zeichen am Himmel fürchten, wie das die Ungläubigen tun (Jer. 10,2). Damit verdammt er gewiss nicht etwa jede Furcht. Aber wenn die Ungläubigen die Leitung der Welt Gott nehmen und den Gestirnen beilegen und sich einbilden, ihr Glück und Unglück hänge von Bestimmung oder Vorbedeutung der Gestirne und nicht von Gottes Willen ab, dann wird eben ihre Furcht von dem Einen, auf den sie schauen sollten, zu den Sternen und Kometen abgelenkt, wer sich vor solchem Unglauben hüten will, der soll sich stets vorhalten, daß die Geschöpfe keinerlei ungeordnete Macht, Wirksamkeit oder Bewegung in sich tragen, sondern daß sie aus Gottes geheimem Rat so regiert werden, daß nichts geschieht, was nicht nach seinem Wissen und Willen beschlossen wäre.