Archive for the ‘Buch 1 Kapitel 15’ Category

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Zusammenfassung

  1. abgesehen vom äusserlichen und leiblichen Beweis (aufrechter Gang zum Beispiel) oder die menschliche Andersartigkeit hinsichtlich der Tiere und die Ähnlichkeit mit Gott haben wir einen noch zwingenderen Beweis, dass der Mensch in Gottes Ebenbilde erschaffen wurde, das ist seine geistige Natur
  2. Andreas Osiander’s Behauptung, dass wir Gott in Seele und Körper ähnlich sind, ist absurd
  3. der Frage des Ebenbild/Ähnlichkeit
    1. es gibt keinen Unterschied zwischen diesen beiden Wörter, wie es doch manche Übersetzer behaupten, es gibt eher Parallelen im Hebräischen
    2. der Mensch wird hinsichtlich seiner Seele Gottes Ebenbild genannt, obwohl diese Ähnlichkeit mit Gott seine ganze Überlegenheit über andere Geschöpfe mit einschliesst.
    3. Ebenbild/Ähnlichkeit drückt die Reinheit aus, mit der Adam am Anfang erschaffen wurde
      1. rechte Vernunft
      2. Neigungen, die der Vernunft entsprechen
      3. alle Empfindungen waren aufs beste geordnet
      4. alle Gaben wurde als Gaben Gottes erkannt
  4. obwohl der Sitz des göttlichen Ebenbildes hauptsächlich im Verstand und im Herzen liegt, oder in der Seele mit seinen Kräften, trotzdem gibt es keinen Teil des Menschen, nicht einmal seinen Körper, in dem nicht ein Funke der Herrlichkeit Gottes scheint

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Ein zuverlässiger Beweis für diese Wahrheit liegt auch darin, daß es vom Menschen heißt, er sei nachdem Ebenbilde Gottes geschaffen (Gen. 1,27). Nun strahlt gewiß auch am äußeren Menschen Gottes Herrlichkeit hervor; aber der eigentliche Sitz jenes Ebenbildes liegt doch zweifellos in der Seele. Ich leugne ge­wiß nicht, daß uns die äußere Gestalt, die uns von den Tieren unterscheidet und trennt, zugleich auch mit Gott verbindet. Auch will ich mich nicht ereifern, wenn jemand zum Ebenbild Gottes auch dies rechnet, daß, während die übrigen Lebe­wesen mit gesenktem Haupte zur Erde blicken, „hohes Antlitz dem Menschen verliehn ward, den Himmel zu schauen und zu den Sternen hinauf erhobene Blicke zu senden“ (Ovid). Nur muß das fest bestehen bleiben: das Bild Gottes, das an solch äußeren Merkmalen sichtbar hervorschimmert, ist geistlich. Osiander nämlich — der nach Ausweis seiner Schriften auf verkehrte Weise klug war — bezieht das Ebenbild Gottes so gut auf den Leib wie auf die Seele und wirft so Himmel und Erde durcheinander. Er sagt, Vater, Sohn und Heiliger Geist stellten im Menschen ihr Ebenbild dar; denn Christus wäre auch Mensch geworden, wenn Adam nicht ge­sündigt hätte. So wäre denn der Leib, den Christus einst annehmen sollte, das Vor- und Urbild für die leibliche Gestalt gewesen, die damals (in der Erschaffung des Menschen) gebildet wurde! Aber wo will Osiander finden, daß Christus (der doch Mensch gewordene!) auch das Ebenbild des Geistes sei? Gewißlich leuchtet in der Person des Mittlers die Herrlichkeit der ganzen Gottheit — aber wie sollte das ewige Wort zugleich Ebenbild des Geistes genannt werden können, dem es doch in der (trinitarischen) Ordnung vorangeht? Zudem wird ja die Unterscheidung zwischen Sohn und Geist aufgehoben, wenn Osiander den Sohn das Bild des Geistes nennt! Auch möchte ich dann gerne von Osiander wissen, wieso denn eigentlich Christus im Fleische, das er annahm, dem Geiste ähnlich sei, und mit was für Merkmalen oder Andeutungen er die Ähnlichkeit mit ihm beweise. Aber auch das: „Lasset uns Men­schen machen“ (Gen. 1,26) ist ja auch ein solcher des Sohnes — und nach Osiander müßte dieser dann sein eigenes Ebenbild sein, was aller Vernunft zuwider wäre! Dazu kommt, daß — wenn man die Phantasien des Osiander übernehmen wollte! — der Mensch nur nach dem Urbild und Vorbild des Menschen Christus geschaffen worden wäre; und so wäre denn Christus, sofern er das Fleisch annehmen sollte, das Urbild, aus welchem Adam genommen wurde. Die Schrift aber lehrt ganz an­ders: sie sagt, er sei zu Gottes Ebenbild erschaffen worden! Andere verstehen die Sache so: Adam sei zum Ebenbilde Gottes geschaffen worden, weil er Christus, der das einzige Ebenbild Gottes ist, gleichförmig war. Diese spitzfindige Redeweise hat mehr Farbe; aber auch in ihr steckt nichts Ordentliches.

Weiter herrscht eine erhebliche Uneinigkeit über die Begriffe „Ebenbild“ (imago) und „Gleichnis, Ähnlichkeit“ (similitudo). Die Ausleger suchen nämlich zwischen beiden Ausdrücken einen Unterschied, der gar nicht da ist. Einzig ist „Gleichnis“ zur näheren Erläuterung von „Ebenbild“ gesetzt. Erstlich wissen wir doch, daß bei den Hebräern Wiederholungen üblich sind, die doch nur dasselbe zweimal sagen. Und zweitens ist auch in der Sache selbst keinerlei Zweideutigkeit: der Mensch heißt Gottes „Ebenbild“, weil er eben Gott „ähnlich“ ist! Da­her machen sich die Leute lächerlich, die betreffs dieser Namen eine spitzfindige Philosophie entwickeln. Die einen meinen, das Wort „Zelem“ (also Ebenbild, imago) beziehe sich auf das Grundwesen der Seele, während „Demuth“ (d.h. Gleichnis, Ähnlichkeit, similitudo) die Eigenschaften betreffe. Andere versuchen den Unterschied wieder anders zu beschreiben. Die Sache ist doch so: Gott hat be­schlossen, den Menschen „nach seinem Ebenbilde“ zu schaffen; dieser Ausdruck ist vielleicht etwas schwerverständlich; so wiederholt er: „zum Gleichnis, zur Ähn­lichkeit“, als wollte er sagen: ich will einen Menschen machen, der mich wie in einem Ebenbilde darstellt, und zwar vermöge der ihm eingeprägten Merkmale der Ähnlichkeit! Deshalb setzt auch Mose, da er dieselbe Sache noch einmal erwähnt (Gen. 1,27), zweimal „Ebenbild Gottes“, ohne wieder „Ähnlichkeit“ zu brauchen! Ganz abgeschmackt ist es aber, wenn Osiander behauptet, es heiße hier nicht etwa bloß ein Teil des Menschen, etwa die Seele mit ihren Fähigkeiten, Ebenbild Gottes, sondern der ganze Adam, der doch seinen Namen von der Erde empfing, aus der er genommen war! Jeder verständige Leser wird mit mir urteilen, daß dies eben abgeschmackt ist! Denn wenn auch der ganze Mensch sterblich genannt wird, so ist deshalb die Seele doch nicht dem Tode unterworfen, und wenn anderseits der ganze Mensch ein vernünftiges Wesen heißt, so bezieht sich Vernunft und verstand doch nicht auch auf seinen Körper! Obgleich also der Mensch nicht die Seele ist, so ist es doch nicht widersinnig, wenn er um seiner Seele willen Ebenbild Gottes genannt wird — wobei ich freilich an dem oben entwickelten Grundsatz festhalte, daß sich Gottes Bild auf die ganze Vorzugsstellung erstreckt, welche die Natur des Menschen gegenüber allen anderen Arten von Lebewesen genießt. Deshalb bezieht sich also die­ser Ausdruck (Ebenbild) auf die ursprüngliche Reinheit, die Adam besaß, als sein Verstand völlig richtig war, seine Neigungen der Vernunft entsprachen, alle seine Empfindungen aufs beste geordnet waren und er tatsächlich in seinen ausgezeichneten Gaben die Herrlichkeit seines Schöpfers hervortreten ließ! Aber so gewiß der Sitz des göttlichen Ebenbildes vornehmlich in Gemüt und Herz, in der Seele und ihren Anlagen sich befand, so wenig gab es irgend etwas an ihm, einschließlich des Kör­pers, in dem nicht gewisse Fünklein davon aufgeleuchtet wären. Es treten ja sicher­lich in allen Teilen der Welt gewisse Andeutungen der Herrlichkeit Gottes hervor: wenn nun aber Gottes Ebenbild im Menschen dargestellt ist, so liegt darin offen­kundig ein stillschweigender Unterschied beschlossen, der den Menschen über alle an­dere Kreatur hinaushebt und sozusagen von deren großer Masse trennt. Nun ist ge­wiß auch nicht zu leugnen, daß die Engel zu Gottes Bild geschaffen sind; denn nach Christi Zeugnis besteht ja unsere höchste Vollkommenheit darin, ihnen gleich zu werden (Matth. 22,30). Aber Mose hat doch recht, wenn er an dieser besonderen Auszeichnung Gottes Gnade gegen uns besonders preist, zumal da er ja bloß die sicht­baren Geschöpfe mit dem Menschen vergleicht.

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Zusammenfassung

  1. Definition von Seele und Geist
    1. Seele: das unsterblich, jedoch erschaffene Wesen des Menschen, sein nobelster Teil
    2. Geist: ein Synonym für „Seele“, ausser wenn die zwei Wörter gleichzeitig verwendet werden
  2. gebräuchliche Beweise für den göttlichen und unsterblichen Charakter der Seele als Wesen, getrennt vom Körper
    1. Bewusstsein der Unsterblichkeit
    2. Gewissen: erkannt durch unser Gefühl der Schuld, Angst und so weiter
    3. grossartige Gaben mit denen der menschliche Geist ausgestattet wurde
    4. der Schlaf und die Träume
  3. biblische Beweise in diesem Sinne

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Weiterhin muß außer allem Streite stehen, daß der Mensch aus Seele und Leib besteht. Dabei verstehe ich unter „Seele“ ein unsterbliches, wenn auch geschaffenes Wesen, das des Menschen edlerer Teil ist. Oft wird sie auch „Geist“ genannt, und obwohl diese beiden Namen, wenn sie nebeneinanderstehen, von verschiedener Be­deutung sind, so bedeutet doch „Geist“, wenn das Wort allein auftritt, dasselbe wie „Seele“. So redet zum Beispiel Salomo vom Tode und sagt, dann kehre „der Geist“ zu Gott zurück, der ihn gegeben habe (Pred. 12,7). Auch Christus befiehlt dem Vater seinen „Geist“ (Luk. 23,46), ebenso Stephanus Christo (Apg. 7,58), und dar­unter verstehen sie nichts anderes, als daß, wenn die Seele aus dem Sklavenhaus des Fleisches erlöst ist, Gott immerdar ihr Hüter sei. Einige meinen zwar, die Seele hieße „Geist“, weil sie ein Hauch oder eine Kraft von Gott sei, die er den Körpern eingeflößt habe und die selbst kein eigenes Wesen besitze. Aber die Sache selbst wie auch die ganze Schrift zeigt, daß dies grober Unsinn ist. Gewiß, weil die Men­schen gar zu sehr an der Erde hängen, so werden sie schwachsichtig, ja, in ihrer Ent­fremdung von dem Vater des Lichts in Finsternis verblendet, so daß sie kaum noch ein Fortleben nach dem Tode anzunehmen vermögen. Aber unterdessen ist das Licht noch nicht so sehr in der Finsternis erloschen, daß sie nicht eine Ahnung der Unsterb­lichkeit berührte! Denn das Gewissen, das in seiner Unterscheidung zwischen Gut und Böse dem Gericht Gottes entspricht, ist ein unbezweifelbares Zeichen für die Unsterb­lichkeit des Menschengeistes (immortalitatis spiritus). Wie sollte auch eine bloße Regung ohne jedes eigene Wesen vor Gottes Richterstuhl dringen und aus der Ge­wißheit der Verschuldung heraus in Schrecken geraten? Auch kann nicht etwa der Leib von der Furcht vor geistlicher Strafe ergriffen werden, sondern die trifft bloß die Seele, und daraus folgt, daß sie ein eigenes Wesen besitzt. Ja, schon die Erkennt­nis Gottes beweist zur Genüge, daß ein Geist, der sich über die Welt erhebt, unsterb­lich ist, weil zur Quelle des Lebens keine wesenlose Kraft vordringen könnte. Schließ­lich ist doch auch des Menschen Gemüt so voller herrlicher Gaben, die laut zeugen, daß ihm etwas Göttliches eingegraben sei — und diese Gaben sind allesamt Zeug­nisse für die Unsterblichkeit. Denn das Empfinden, das in den vernunftlosen Tieren wohnt, geht nicht über den Körper hinaus und erstreckt sich wenigstens nicht weiter als bis auf die ihm unmittelbar sich darbietenden Gegenstände. Der Menschengeist aber durchforscht in seiner Beweglichkeit Himmel und Erde und die Geheimnisse der Natur, und wenn er alle Jahrhunderte mit Verstand und Gedächtnis (intellectu et memoria) erfaßt hat, ordnet er alles einzelne ein, schließt aus dem Vergangenen das Zukünftige — und beweist eben dadurch, daß im Menschen etwas verborgen liegt, das vom Leibe verschieden ist. Wir können den unsichtbaren Gott und die Engel mit unserem Verstande denken; auch das steht dem Körper keineswegs zu! Das Rechte, Gute, Anständige, das doch körperlichen Sinnen verborgen ist, vermögen wir zu erfassen. Deshalb muß der Sitz solchen Erfassens der Geist sein. Selbst der Schlaf, der den Menschen betäubt und ihm fast das Leben zu nehmen scheint, ist ein klarer Zeuge für die Unsterblichkeit. Denn er drängt uns Gedanken an Dinge auf, die nie ge­schehen sind, ja, selbst Ahnungen der Zukunft. Ich berühre diese Dinge nur kurz: selbst heidnische Schriftsteller erheben sie gewaltig in glänzender Rede; bei den Frommen wird freilich die schlichte Erwähnung genügen.

Wäre die Seele nicht ein selbständiges Wesen, vom Körper unterschieden, so könnte die Schrift nicht sagen, wir wohnten in Lehmhütten, wanderten im Tode aus dem Zelt des Fleisches hinaus, zögen aus, was verweslich ist, um dann am Jüngsten Tage den Lohn davonzutragen, je nachdem ein jeglicher gehandelt hat bei Leibes­leben. Denn diese Schriftstellen und ähnliche, wie sie oft genug vorkommen, unter­scheiden die Seele doch gewiß ganz deutlich vom Leibe, ja, sie geben auch der Seele den Namen „Mensch“ und zeigen dadurch klar, daß sie der hervorragendste Teil ist. Wenn dann Paulus die Gläubigen ermahnt, sie sollten sich reinigen von aller Unreinigkeit des Fleisches und des Geistes (2. Kor. 7,1), so stellt er damit fest, daß es zwei Bereiche gibt, in denen der Schmutz der Sünde wohnt. Auch dies: Petrus nennt Christum den „Hirten und Hüter der Seelen“ (1. Petr. 2,25), — und das wäre ja ganz verkehrt, wenn es nicht Seelen gäbe, an denen er solches Amt ausüben könnte! Auch wäre es, wenn die Seele gar kein eigenes Wesen hätte, sinnlos, daß er vom ewigen Heil der Seele spricht (1. Petr. 1,9), oder auch, daß er den Befehl gibt, die Seelen zu reinigen, und sagt, die bösen Lüste stritten wider die Seele (1. Petr. 2,11). Ungereimt wäre es dann auch, daß der Verfasser des Hebräerbriefs schreibt, die Hirten ständen auf der Wacht, um Rechenschaft ablegen zu können über unsere Seelen (Hebr. 13,17). In derselben Richtung geht es, daß Paulus Gott zum Zeugen „auf“ seine „Seele“ anruft (2. Kor. 1,23); denn sie würde vor Gott gar nicht beschuldigt werden können, wenn sie nicht straffähig wäre. Noch deutlicher drückt sich das in den Worten Christi aus, man solle den fürchten, der, nachdem er den Leib getötet hätte, auch die Seele in das höllische Feuer werfen könne (Matth. 10,28; Luk. 12,5). Und wenn der Verfasser des Hebräerbriefs unsere leiblichen Väter von Gott unterscheidet, der „der Vater der Geister“ ist (Hebr. 12,9), so konnte er die eigene Wesenhaftigkeit der Seele gar nicht deutlicher behaupten. Wenn ferner die Seele nach ihrer Befreiung aus dem Sklavenhause des Körpers nicht bestehen bliebe, so wäre es widersinnig, daß Christus davon redet, die Seele des Lazarus ge­nieße Freude in Abrahams Schoß, und anderseits, die Seele des Reichen leide Pein in ihrer Qual (Luk. 16,22ff.). Dem stimmt wiederum Paulus bei, wenn er sagt, wir wallten ferne vom Herrn, solange wir im Fleische wohnen, feine Gegenwart aber würden wir außer dem Fleische genießen (2. Kor. 5,6.8). Ich will aber in die­ser klaren Sache nicht zu ausführlich reden. Nur noch dies: bei Lukas hören wir doch, daß es zu den Irrtümern der Sadduzäer gehörte, das Dasein von Geistern und Engeln zu bestreiten (Apg. 23,8).

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Zusammenfassung

  1. warum sollte man über die Schöpfung des Menschen diskutieren?
    1. weil der Mensch das nobelste Beispiel von Gottes Gerechtigkeit, Weisheit und Güte ist
    2. weil die Selbsterkenntnis des Menschen wichtig ist, um zu einer klaren und vollständigen Gotteserkenntnis zu kommen
  2. die zwei Seiten der Selbsterkenntnis
    1. wie der Mensch war bei seiner Schöpfung (wird hier behandelt)
    2. wie der Mensch wurde nach dem Sündenfall (wird später behandelt)
  3. unsere Absicht: Gottes Gerechtigkeit gegen jede Beschuldigung zu verteidigen

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Es muß nun weiter auch von der Schöpfung des Menschen die Rede sein. Denn er ist unter allen Werken Gottes der edelste und sichtbarste Erweis seiner Gerechtigkeit, Weisheit und Güte. Und besonders kann ja, wie wir am Anfang ausführten, Gott von uns gar nicht rein und gewiß erkannt werden, wenn nicht wiederum die Selbsterkenntnis hinzukommt. Diese Selbsterkenntnis ist freilich von doppelter Art: wir müssen zunächst wissen, wie wir im Ursprung geschaffen waren, und dann auch, wie wir seit Adams Fall daran sind: — es würde uns nicht viel nutzen, von unserer Erschaffung zu wissen, wenn wir nicht all diesem schrecklichen Zerfall, in dem wir nun leben, die Verderbnis und Entstellung unserer Natur erkennten! Wir wollen aber trotzdem hier zunächst die Beschreibung unserer ursprünglich reinen (integrae) Na­tur vornehmen. Und es ist auch tatsächlich, ehe wir uns dem jämmerlichen Zustande des Menschen zuwenden, dem er heute unterworfen ist, durchaus der Mühe wert, ins Auge zu fassen, wie er denn eigentlich im Anfang geschaffen worden ist. Denn wir müssen uns sehr wohl vor dem Anschein hüten, als schrieben wir, indem wir bloß die natürliche Bosheit des Menschen genau darlegten, sie gar dem Urheber der Na­tur zu. Denn die Gottlosigkeit möchte sich allzugern mit diesem Vorwand verteidi­gen, wenn sie zu behaupten unternimmt, alles, was sie Böses in sich trage, das sei gewissermaßen von Gott ausgegangen — und sie zögert ja auch, wenn sie gestraft wird, keineswegs, mit Gott selber rechten zu wollen und ihm die Schuld zuzuschieben, deren sie mit Recht angeklagt wird. Und Leute, die auf den Schein frommeren Re­dens von der Gottheit Wert legen, suchen doch ihre Verkehrtheit gern mit der Natur zu entschuldigen und bedenken dabei gar nicht, daß sie damit auch Gott beschimp­fen — wenn auch etwas heimlicher! Denn es wäre doch eine Schande für ihn, wenn man beweisen könnte, an der Natur sei etwas Verkehrtes. Wir sehen also, wie das Fleisch nach allerlei Ausflüchten hascht, um dadurch nach seiner Meinung die Schuld von sich auf einen anderen wälzen zu können. Und dieser Bosheit müssen wir mit Fleiß entgegentreten. Deshalb muß man das menschliche Unheil so behandeln, daß von vornherein alle Auswege abgeschnitten sind und die Gerechtigkeit Gottes von jeder Anschuldigung frei bleibt. Später werden wir dann, wenn wir soweit sind, zusehen, wie weit wir Menschen von der Reinheit entfernt sind, die dem Adam ge­schenkt war. Vorerst müssen wir aber das bedenken: der Mensch ist aus Erde und Lehm genommen, und damit ist seinem Stolz ein Zügel angelegt; denn es wäre ja völlig widersinnig, wenn sich einer seiner hervorragenden Stellung rühmen wollte, der nicht nur in einer Lehmhütte seine Wohnstatt hat, sondern gar selbst zum Teil aus Erde und Asche ist! Freilich, Gott hat sich herbeigelassen, dieses irdene Gefäß lebendig zu machen (zu beseelen), und er hat es gar zum Wohnsitz eines unsterblichen Geistes ersehen. Solcher Großmut seines Schöpfers konnte sich Adam mit Recht rühmen!