Archive for the ‘Buch 1 Kapitel 13’ Category

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Zusammenfassung

  1. hier beschäftigen wir uns mit dem, was das Alte Testament über die Gottheit Christi aussagt, und nicht mit seiner Aufgabe der Vermittlung zwischen Gott und den Menschen
  2. die Juden erzwingen eine Interpretation, die Christus zum grössten Teil jeglichen Titel nicht anerkennt

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Nun rede ich jetzt noch nicht von der Person des Mittlers, sondern verschiebe das, bis ich von der Erlösung handle. Da es aber ohne Widerspruch allgemein anerkannt sein sollte, daß Christus das fleischgewordene Wort ist, so gehören hierher alle die Zeugnisse, die die Gottheit Christi behaupten. Wenn es im 45. Psalm heißt: „Gott, dein Stuhl bleibt immer und ewig“ (Ps. 45,7), so machen die Juden die Ausflucht, der Name „Elohim“ (Gott) beziehe sich auch auf die Engel und höch­sten Gewalten. Aber es gibt in der Schrift nicht eine einzige Stelle, die der Kreatur einen ewigen Thron errichtete! Und der, von dem der Psalm redet, wird ja auch nicht schlechtweg „Gott“ genannt, sondern auch als ewiger Herrscher bezeichnet. Außerdem wird dieser Titel (Gott) niemandem zugelegt, ohne daß ein Zusatz gemacht wird, so wie z. B. dem Mose gesagt wird, er werde „dem Pharao“ ein Gott sein (Ex. 7,1). Andere wollen die Stelle so lesen, daß „Gott“ Genetiv sei („dein Gottesthron“). Aber das ist völlig unsinnig. Ich gestehe zwar, daß häufig besonders Vortreffliches als göttlich bezeichnet wird; aber der Zusammenhang der Stelle zeigt, daß das hier hart und gezwungen wäre und in keiner Weise paßte. Wenn sie aber in ihrer Hart­näckigkeit beharren, so wollen wir ihnen eine Stelle aus Jesaja entgegenhalten; da wird ganz deutlich derselbe Christus als Gott bezeichnet und mit der höchsten Macht ausgestattet — die doch allein Gott eigen ist! „Das ist der Name, mit dem sie ihn nennen werden: Gott von Kraft, Vater in Ewigkeit …“ (Jes. 9,5f.; nicht Luther­text). Nun kläffen auch hier wieder die Juden und wollen die Stelle so verdrehen: „Und das wird der Name sein, mit dem ihn der starke Gott, der Vater in Ewigkeit nennen wird …“, so daß also dem Sohne nur noch die Bezeichnung „Friedefürst“ übrigbliebe. Aber wozu sollten denn soviele Beinamen auf Gott den Vater gehäuft werden, wo doch der Prophet die Absicht hat, Christus mit herrlichen Merkmalen zu schmücken, um unseren Glauben an ihn aufzuerbauen? Deshalb kann es keinem

Zweifel unterliegen, daß er hier aus demselben Grunde „Gott von Kraft“ genannt wird wie kurz vorher „Immanuel“. Mit ebenso leuchtender Klarheit redet aber Jeremia an der Stelle, wo er sagt, das werde der Name sein, mit dem der Sproß Davids genannt werden solle: der Herr unsere Gerechtigkeit (Jer. 23,6). Da lehren nun die Juden selbst aus freien Stücken, alle anderen Namen Gottes seien bloße Beinamen, dieser aber, den sie unaussprechlich nennen, sei leben­diger Ausdruck seines Wesens. Daraus ergibt sich, daß der Sohn der einige und ewige Gott ist — der doch an anderer Stelle kundtut, er werde seine Ehre keinem an­deren geben! (Jes. 42,8). Aber auch hier suchen sie Ausflüchte und verweisen darauf, daß Mose dem von ihm errichteten Altar und Ezechiel der neuen Stadt Jerusalem den gleichen Namen gebe. Aber wer kann denn übersehen, daß dieser Altar als Ge­denkzeichen dafür erbaut wurde, daß Gott den Mose erhöht hat, und daß Jerusalem nur zum Zeichen der Gegenwart Gottes mit dem Namen Gottes ausgezeichnet wird? Denn so spricht der Prophet: „Und alsdann soll die Stadt genannt werden: ‚Hier ist der Herr!’„ (Ez. 48,35) Und Mose redet ähnlich: „Und er baute einen Altar und nannte seinen Namen: Der Herr ist meine ‚Erhöhung‘ (mein Panier)“ (Ex. 17,15). Aber noch ein größerer Streit dreht sich um eine andere Jeremiastelle, in der der nämliche Ehrenname auf Jerusalem angewendet wird: „Das ist der Name, mit dem man sie nennen wird: Der Herr unsere Gerechtigkeit“ (Jer. 33,16). Aber dieses Zeugnis bestreitet keineswegs die Wahrheit, die wir verteidigen, sondern bestätigt sie vielmehr. Nachdem er nämlich zuvor (eben Jer. 23,6) bezeugt hat, Christus sei der wahre „Herr“, von dem die Gerechtigkeit ausgeht, zeigt er nun, daß die Kirche Gottes dies so lebendig erfahren werde, daß sie seines Namens sich rühmen könne. Es wird also an der ersten Stelle die Quelle und der Ursprung der Gerechtigkeit ge­zeigt, an der zweiten ihre Wirkung!

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Zusammenfassung

  1. obwohl manche nicht offensichtlich dem „Wort“ die Göttlichkeit ab-anerkennen, so stehlen sie doch verdeckt seine Ewigkeit,  in dem sie behaupten, dass er mit dem Universum einen Anfang hatte
  2. im Gegenteil, das Wort, dass jenseits aller Zeit in Gott gezeugt ist, war seit Ewigkeit bei Gott, daher sind sowohl seine Ewigkeit, wie auch seine wahre Natur und seine Göttlichkeit bewiesen

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Hier fangen nun einige Hunde an zu kläffen: sie können zwar dem Worte nicht vor aller Öffentlichkeit seine Gottheit bestreiten, aber deshalb versuchen sie, ihm heimlich seine Ewigkeit zu rauben. Sie sagen nämlich, das Wort habe erst da seinen Anfang genommen, als Gott bei der Schöpfung der Welt seinen heiligen Mund auftat! Aber, wenn sie das sagen, so dichten sie in ihrer Unbedachtsamkeit Gott eine Veränderung seines Wesens an. Denn die Namen, die Gott hinsichtlich seines äußeren Werkes zukommen, sind ihm zwar erst seit dem Bestehen dieses seines Werks beigelegt, wie z. B. der Name „Schöpfer Himmels und der Erden“. Aber die Frömmigkeit anerkennt keinen Namen, der etwa bedeuten könnte, es sei Gott in sich selbst etwas zugefügt. Wollte man da von etwas neu Hinzukom­mendem reden, so machte dem das Wort des Jakobus ein Ende: „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis“ (Jak. 1,17). Deshalb ist nichts unerträglicher, als wenn man dem Worte, das doch von Ewigkeit her Gott selber war und später der Schöpfer der Welt wurde, einen Anfang andichten will! Aber dann kommen sie zu der spitzfindigen Idee: wenn Mose bei der Schöpfungsgeschichte sage, damals habe Gott geredet, so deute er doch damit selber an, daß vorher in Gott kein Wort gewesen sei. Das ist ein ganz besonders albernes Geschwätz! Denn wenn etwas zu einer bestimmten Zeit geoffenbart wird, so ist doch daraus nicht zu folgern, es sei vorher noch nicht dagewesen! Ich schließe ganz anders: wenn in jenem Augenblick, da Gott sprach: „Es werde Licht“, die Kraft des Wortes hervorbrach und sich äußerte, dann muß es selbst schon lange vorher da­gewesen sein! Wenn einer fragt: „Wie lange denn?“, so wird er keinen Anfang finden. Denn er selbst bestimmt keinerlei festen Zeitraum, wenn er sagt: „Und nun verkläre du mich, Vater, bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe denn die Welt war“ (Joh. 17,5). Auch das hat ja Johannes erwähnt: Denn er sagt: bevor er zur Weltschöpfung übergeht, das Wort sei „ im Anfang „ bei Gott gewesen (Joh. 1,1). Wir stellen also wiederum fest, daß das Wort vor Anbeginn der Zeit vom Va­ter gezeugt worden ist und dann je und je bei ihm gewohnt hat. Dadurch wird dann seine Ewigkeit, sein wirkliches Sein und seine Gottheit bewiesen.

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Zusammenfassung

  1. das „Wort“, dass so im Alten wie auch im Neuen Testament bezeichnet wird, ist nicht ein blosser Begriff oder Metapher, sondern weist auf die ewige Weisheit, die in Gott wohnt, und die Quelle aller Prophezeiungen hin
  2. unveränderlich, das Wort ist und bleibt ewiglich vereint mit Gott, denn es ist Gott selbst

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Bevor wir jedoch weitergehen, muß erstens die Gottheit des Sohnes und des Geistes bewiesen und zweitens der Unterschied zwischen ihnen gezeigt werden.

Wenn nun die Schrift vom „Worte“ Gottes redet, so wäre das gewiß ganz widersinnig, wenn dieses „Wort“ bloß ein flüchtiger, leerer Laut wäre, der in die Luft ausgesandt würde und nun außer Gott selber seinen Lauf nähme. Von dieser Art waren die Offenbarungssprüche, die den Vätern zuteil wurden, und alle Prophetien. Nein, das „Wort“ bezeichnet die Weisheit, die bei Gott wohnt und aus der alle Offenbarungssprüche und Prophetien stammen. Denn nach dem Zeugnis des Petrus (1. Petr. 1,11) haben die alten Propheten nicht weniger aus dem Geiste Christi heraus geredet als die Apostel und diejenigen, die nach ihnen die himm­lische Lehre verwalteten. Da aber dazumal Christus noch gar nicht ans Licht getreten war, so ergibt sich notwendig, daß das „Wort“ von Ewigkeit her vom Vater geboren ist. Und wenn der Geist, dessen Werkzeuge die Propheten waren, der Geist des Wortes war, so ist daraus unzweifelhaft zu schließen, daß dieses Wort wahrer Gott war. Das lehrt auch Mose in der Schöpfungsgeschichte völlig klar: denn da stellt er fest, daß das Wort Mittel der Schöpfung war. Weshalb sollte er anders immer wieder berichtet haben, daß Gott bei der Schöpfung der einzelnen Werke sprach: „Es werde …“, wenn er nicht zeigen wollte, daß Gottes unausforschliche Herrlichkeit in seinem Bilde erstrahlte? Vorwitzige Schwätzer behaupten hier natürlich gleich, „Wort“ hieße soviel wie Befehl oder Auftrag. Aber die Apostel sind doch bessere Ausleger, und sie verkünden, daß durch den Sohn die Welt geschaffen worden sei und daß er alles trage mit seinem mächtigen Wort (Hebr. 1,2). Hier sehen wir also, daß „Wort“ den Wink und Befehl des Sohnes bedeutet, der selbst das ewige und wesentliche Wort des Vaters ist. Verständige und bescheidene Leute finden auch den Ausspruch des Salomo nicht dunkel, in dem er zeigt, wie die Weisheit von Gott in Ewigkeit geboren und bei der Schöpfung aller Dinge wie auch in allen Werken Gottes waltet (Jesus Sirach 24,14). Es wäre töricht und lästerlich, nur einen vorübergehenden Wink Gottes anzunehmen; denn Gott wollte damals seinen festen und ewigen Ratschluß, ja noch Verborgeneres offenbaren. Darauf bezieht sich auch das Wort Christi: „Mein Vater und ich wirken bis auf diesen Tag“ (Joh. 5,17; nicht Luthertext). Denn da zeigt er, daß er selbst seit Anbeginn der Welt mit dem Vater zusammen kräftig am Werke gewesen ist, und macht so deutlicher, was Mose kürzer angedeutet hatte. Gott hat also — so müssen wir folgern — so geredet, daß das Wort seinen Anteil am Werke hatte und auf diese Weise das Wirken beiden gemeinsam war. Bei weitem am klarsten stellt das Johannes fest, wenn er das Wort, das im Anfang als Gott bei Gott war, zugleich mit dem Vater als Ursprung aller Dinge uns vorstellt (Joh. 1,3). Denn so mißt er dem Worte ein festes und bleibendes Wesen bei, schreibt ihm aber auch etwas ihm Eigentümliches zu und zeigt dann auch mit größter Durchsichtigkeit, wieso denn Gott in seinem Reden der Schöpfer der Welt gewesen ist. Wie also alle von Gott ausgegangenen Offenbarungen mit Recht die Ehrenbezeichnung „Gottes Wort“ tragen, so muß auch dieses aus Gottes Wesen kommende Wort selber den höchsten Platz erhalten, nämlich denjenigen des Quells aller Offen­barung, weil es, keinem Wechsel unterworfen, immerfort als ein und dasselbe bei Gott bleibt und selbst Gott ist!

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Zusammenfassung

  1. Person – eine „Wesensart“ in Gottes Wesen
  2. Wesensart – die Tatsache, dass man durch eine gemeinsame Art mit einem Wesen verbunden ist, jedoch durch eine Eigenart oder Eigenschaft unterschiedlich ist.
  3. wenn man das Wort „Gott“ gebraucht, ohne jegliche genaue Bestimmung, so meint man damit immer auch Gott Sohn und Heiliger Geist, doch wo die Personen der Dreieinigkeit miteinander verglichen werden, will man die Eigenschaften der einzelnen hervorheben
  4. in der göttlichen „Ökonomie“ der Dreieinigkeit hat die Verschiedenheit keinen Einfluss auf die Einheit

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Doch jetzt wollen wir den Streit um die Ausdrücke fahren lassen und zur Sache selbst übergehen. Ich verstehe also unter Person eine Seinsweise (subsistentia) in Gottes Wesen, die in ihren Beziehungen zu den anderen eine unübertragbare Eigenheit besitzt. Unter Seinsweise (subsistentia) wollen wir also etwas ande­res verstehen als „Wesen“ (essentia). Wäre nämlich das Wort einfach Gott, ohne etwas für sich allein zu haben, so hätte Johannes mit seinem Satz: „Dasselbige war im Anfang bei Gott“ (Joh. 1,1) etwas Verkehrtes ausgesprochen! Wenn er nachher gleich hinzusetzt: „Und Gott war das Wort“ — so ruft er uns damit zu dem einen Wesen zurück! Aber weil das Wort nicht bei Gott sein konnte, ohne im Vater zu wohnen, so zeigt sich hier das, was wir „Seinsweise“ nannten: denn diese ist zwar durch ein unzerreißbares Band mit dem „Wesen“ verbunden und kann von ihm nicht geschieden werden, aber sie hat doch ihr besonderes Kenn­zeichen, durch das sie sich von dem Wesen unterscheidet. Denn jede der drei Seinsweisen ist in Beziehung zu den anderen durch ihre Eigenheit unterschieden. Diese „Beziehung“ (relatio) wird hier deutlich zum Ausdruck gebracht; denn wo man einfach und ohne nähere Bestimmung von „Gott“ redet, da bezieht sich dieser Name auf den Sohn und den Geist ebenso wie auf den Vater. Sobald man aber den Vater mit dem Sohne vergleicht, bezeichnet die „Eigenheit“ (proprietas) den Unterschied zwischen ihnen. Weiterhin behaupte ich, daß die Eigenheit der Person nicht übertragbar ist, weil es z. B. nicht angeht, auf den Sohn anzuwenden oder zu übertragen, was dem Vater als Merkmal zur Unterscheidung zukommt. Es miß­fällt mir auch nicht die — freilich richtig zu verstehende! — Definition Tertullians, es sei die Dreieinigkeit eine gewisse Ordnung und Anordnung in Gott, die an der Einheit des Wesens nichts ändere (In dem Buch gegen Praxeas 2,9).

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Zusammenfassung

  1. obwohl man sicher auch ohne solche Ausdrücke auskommen könnte, sollten wir sie nicht verwerfen, denn sie bringen zum Ausdruck, dass Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist eins sind, obwohl jede Person unterschiedliche Eigenschaften besitzt
  2. man muss jedoch beachten, dass die Kirchenväter schon in Demut die Grenzen dieser lateinischen und griechischen Wörter erkannten: wir sollten ihnen daher in dieser demütigen Haltung folgen, doch gleichzeitig die Nützlichkeit dieser Ausdrücke akzeptieren.

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Die Ausdrücke sind also wahrhaftig nicht unbedacht aufgebracht worden — und deshalb muß man sich vorsehen, daß man nicht dem Vorwurf hochmütiger Unbe­dachtheit verfällt, wenn man sie tadelt! Im übrigen sollen sie meinethalben nur ja begraben sein — wenn nur alle an dem Glauben festhalten, der Vater, der Sohn und Geist seien der eine Gott und doch sei der Sohn nicht der Vater oder der Geist der Sohn, sondern alle durch eine gewisse Eigentümlichkeit (proprietas) voneinander unterschieden.

Ich bin gar nicht von so strenger Hartnäckigkeit, daß ich mich unterstehen würde, um bloße Worte zu streiten. Denn ich sehe, daß auch die Alten, die doch sonst mit soviel Ehrfurcht von diesen Dingen reden, weder untereinander übereinstimmen, noch einzeln mit sich selbst. Denn was für Formeln entschuldigt doch Hilarius als von den Konzilien gebraucht! Was hat sich gelegentlich Augustin für Freiheiten herausgenommen! Wie groß ist der Unterschied zwischen Griechen und Lateinern! Aber für diese Verschiedenartigkeit soll ein Beispiel genügen. Wenn die Lateiner den Ausdruck „homousios“ wiedergeben wollten, so setzten sie dafür „consub-stantialis“: damit behaupteten sie also, der Vater und der Sohn seien gleicher „Substanz“ (Grundwesen) — und brauchten so den Begriff „Substanz“, wo eigent­lich „Wesen“ (essentia) am Platze gewesen wäre! So kommt es, daß Hieronymus in seinem Brief an Damasus sagt, es sei ein Frevel, zu sagen, es gäbe in Gott drei „Substanzen“. Aber man kann anderseits bei Hilarius mehr als hundertmal finden, es gäbe in Gott drei „Substanzen“! Und wie unklar ist die Verwendung des Ausdrucks „Hypostase“ (= „Person“, Seinsweise) bei Hieronymus! Er meint, es sei Gift dahinter, wenn einer von drei „Hypostasen“ in Gott redete! Und wenn auch jemand in frommer Gesinnung diesen Ausdruck braucht, so sagt er doch gerade heraus, daß dies eine uneigentliche Redeweise sei. Das alles, sofern er solche Reden aus Lauterkeit gehalten hat. Aber er tat es ja vielleicht nur, um die Bischöfe des Orients, die er nicht leiden konnte, mit Wissen und Willen mit unrechter Schmä­hung zu bedecken! Auf jeden Fall hat er recht wenig anständig die Behauptung verfochten, in den weltlichen Schulen hieße „Usia“ (Wesen) nichts anderes als auch „Hypostasis“ (Seinsweise) — was sich aus dem gewöhnlichen und alltäglichen Sprachgebrauch durchgängig widerlegen läßt! Gemäßigter und mit edlerer Sitte verfährt Augustinus; obwohl auch er sagt, das Wort „Hypostasis“ sei in diesem Sinne für ein lateinisches Ohr neu, läßt er doch den Griechen ihre Gewohnheit zu reden, wie er auch die Lateiner, welche die griechische Formel nachgebildet hatten, ohne Schärfe ertrug (Von der Dreieinigkeit, Buch 5,8f.). Auch, was (der Kirchenhistoriker) Sokrates davon im sechsten Buch der Historia tripartita ge­schrieben hat, erweckt den Eindruck, als sei dieser Ausdruck von unkundigen Leuten in verkehrter Weise in die Sache hineingebracht worden. Hilarius macht es den Ketzern zum Vorwurf, daß er durch ihren Unfug gezwungen werde, der Gefahr menschlicher Rede etwas auszusetzen, das doch besser in ehrfürchtiger Seele bewahrt werden sollte; und er verschweigt nicht, daß dies nichts anderes bedeutet, als Un­gebührliches sich vorzunehmen, Unaussprechliches auszusprechen, Unerlaubtes sich anzumaßen! Kurz darauf entschuldigt er sich, daß er neue Ausdrücke einzuführen gezwungen sei: denn nachdem er die durch die Natur der Sache erforderten, nämlich Vater, Sohn und Geist, aufgeführt hat, erklärt er, alles, was darüber hinaus gesucht würde, überschreite die Ausdrucksfähigkeit der Rede, die Fassungskraft des Denkens, das Begreifen des Verstandes (Von der Dreieinigkeit, Buch 2). Und an anderer Stelle preist er die Bischöfe Galliens glücklich, weil sie je kein anderes Bekenntnis aufgestellt, noch angenommen, noch überhaupt kennengelernt hätten als allein das alte und ganz schlichte, das seit der Zeit der Apostel in allen Kirchen in Geltung war! (Von den Konzilien). Auch Augustin spricht sich in ähnlicher Weise aus: jener Ausdruck sei durch die Not der menschlichen Rede in einer so großen Frage erzwungen worden und sollte nicht darstellen, was ist, sondern nur nicht ver­schweigen, wieso denn Vater, Sohn und Heiliger Geist drei seien!

Diese Bescheidenheit so heiliger Männer soll uns warnen, eine Art theologischer Zensur zu üben und sogleich alle die strengstens zu richten, die nicht auf die von uns verwendeten Begriffe schwören wollen! Nur sollen sie das nicht aus Übermut, Frechheit oder boshafter Schalkheit tun! Sie sollen doch auch wiederum selbst überlegen, wie groß die Notwendigkeit ist, die uns zwingt, so zu reden, und sollen sich allmählich dann auch zu einer rechten Form der theologischen Aussage be­quemen! Da muß man auf der einen Seite den Arianern, auf der anderen den Sabellianern entgegentreten. Zürnen sie (jene unklaren Lehrer) nun darüber, daß beiden die Ausflüchte abgeschnitten werden, so sollen sie sich hüten, den Verdacht zu erregen, als seien sie selber Schüler des Arius oder Sabellius! Da sagt Arius, Christus sei Gott — aber ganz leise flüstert er dann noch, er sei aber geschaffen worden und habe einen Anfang gehabt! Er sagt, Christus sei eins mit dem Vater — aber dann sagt er den Seinen heimlich ins Ohr: er sei eben so mit dem Vater vereinigt, wie die anderen Gläubigen auch, wenn auch mit einzigartigem Vorrecht! Sagt man aber „gleichen Wesens“ (consubstantialis), dann zieht man dem verschlagenen Menschen die Larve weg — und hat doch der Schrift nichts zu­gefügt! Da sagt Sabellius, Vater, Sohn und Geist bedeuteten nichts Verschiedenes in Gott. Sagt man dazu, es seien drei, dann wird er großes Geschrei machen, man redete von drei Göttern. Sagt man aber, daß in dem einen Wesen Gottes eine Dreieinigkeit von Personen ist, so spricht man mit einem Satz aus, was die Schrift lehrt — und man macht dem leeren Geschwätz ein Ende! Mögen nun auch einige derart von abergläubischer Furcht besessen sein, daß sie diese Ausdrücke nicht er­tragen — es wird doch niemand, wie sehr er sich auch dreht und wendet, den Tat­bestand leugnen können: wenn wir hören, daß Gott Einer ist, so ist an die Einheit der Substanz (des Grundwesens) zu denken, wenn wir hören, daß drei sind in einem Wesen, so ist von den Personen in dieser Dreieinigkeit die Rede! Wird das ohne Hintergedanken bejaht, so wollen wir uns bei Worten nicht aufhalten. Aber ich habe schon längst und oft genug die Erfahrung gemacht: Wer wegen der Ausdrücke allzu heftigen Streit führt, der nährt verborgenes Gift. Deshalb soll man solche Leute besser frei herausfordern, als ihretwegen unklar zu reden!